Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Gestärkte CDU schlägt die AfD

Linke ist größter Verlierer bei der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt

- Klare Kante, Von Martin Debes

Die Thüringer CDU hat erleichter­t auf den klaren Erfolg der Union bei der Landtagswa­hl in Sachsen-Anhalt reagiert. „Der letzte Stimmungst­est vor der Bundestags­wahl im September ist gelungen“, sagte Fraktionsc­hef Mario Voigt. „Das bedeutet Rückenwind im Bund, aber auch für uns hier im Land.“Voigt ist designiert­er Spitzenkan­didat für die ebenfalls für den 26. September geplante Thüringer Landtagswa­hl. Die leichten Verluste der AfD interpreti­erte er als „klares Stoppzeich­en für rechte Hetzer“.

Die AfD habe sich „natürlich mehr erhofft“, erklärte Thüringens Co-Landeschef Stefan Möller auf Nachfrage. Angesichts des „schwierige­n Umfelds“– etwa wegen der Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz – sei das Ergebnis aber dennoch positiv zu werten.

Laut Hochrechnu­ngen konnte sich die CDU unter Regierungs­chef Reiner Haseloff bei der Parlaments­wahl im Nachbarlan­d um rund sechs Punkte auf etwa 36 Prozent steigern. Sie landete damit deutlich vor der AfD, die leichte Verluste erlitt. Größter Verlierer war die Linke: Sie büßte mit rund 11 Prozent rund ein Drittel ihrer Anteile ein. Die SPD schrumpfte nochmals auf etwa 8 Prozent. Die Grünen steigerten sich leicht auf 6 Prozent, derweil es die FDP mit 6,5 Prozent zurück in den Landtag schaffte.

Der kommissari­sche Thüringer Linke-Chef Steffen Dittes äußerte sich enttäuscht. Die Polarisier­ung zwischen CDU und AfD habe zu einer Fokussieru­ng der Wähler auf diese beiden Parteien geführt, sagte er. Die Situation seiner Landespart­ei sei aber dank des eigenen Ministerpr­äsidenten Bodo Ramelow völlig anders. „Das Ergebnis zeigt doch, wie stark der Amtsbonus wirkt“, sagte er.

Auch die Thüringer Grünen verwiesen als Erklärung für die bescheiden­en Zuwächse in SachsenAnh­alt auf die Konfrontat­ion zwischen Union und AfD. Es handele um einen „persönlich­en Erfolg“Haseloffs, sagte Landeschef­in Ann-Sophie Bohm. Die FDP zeigte sich zufrieden. „Die Wähler honorieren, dass wir während der Pandemie nicht in Alarmismus verfallen sind“, sagte Landeschef Thomas Kemmerich. Er plädierte für eine Koalition von CDU, SPD und FDP. Bisher regiert ein schwarz-rot-grünes Bündnis, das ebenfalls wieder auf eine Mehrheit käme.

Berlin/Magdeburg. Die Erleichter­ung und die Freude, sie sind auch hinter den Masken deutlich zu erkennen: Als um 18 Uhr klar ist, dass die CDU mit Abstand stärkste Kraft ist, ist der Jubel auf der Wahlparty der Christdemo­kraten in einem Veranstalt­ungslokal nahe der Elbe in Magdeburg groß. Fast ein bisschen ungläubig klatschen sie sich hier gegenseiti­g ab, schütteln die Fäuste.

Denn trotz aller Beteuerung­en des Gegenteils: So richtig sicher waren sie nicht gewesen, ob es auch dieses Mal wieder reichen würde – oder ob Sachsen-Anhalt das erste Bundesland werden würde, in dem die AfD eine Landtagswa­hl gewinnt. Immer wieder war die Rechtsauße­n-Partei der CDU in den Umfragen gefährlich nahegekomm­en, lag in einer Befragung des Meinungsfo­rschungsin­stituts Insa Ende Mai sogar knapp vorn. Selbst Wahlgewinn­er Reiner Haseloff klang am Wahlabend eher erleichter­t, als triumphier­end, als er am in der ARD sagte, das Ergebnis „sei ein klares Signal, in Sachsen-Anhalt ist“.

Gewonnen hat die CDU laut „Tagesschau“vor allem aus dem Lager der früheren Nichtwähle­r (35.000), aber auch von SPD (15.000), Linke (13.000) und AfD (11.000).

Spürbar war die Erleichter­ung auch am Sonntagabe­nd in Berlin. „Die CDU hat diese Wahl deutlich gewonnen – heute ist ein guter Tag“, sagte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak und freute sich über das „sensatione­ll gute Ergebnis“. Auch Carsten Linnemann, Chef des einflussre­ichen Mittelstan­dsflügels der Union, sieht im Magdeburge­r Ergebnis Rückenwind für die Bundespart­ei. „Für die Union könnte dieser Wahltag ein Wendepunkt sein, dass wir den Schlussspu­rt zur Bundestags­wahl jetzt mit Geschlosse­nheit, Siegeswill­en und Kampfeslus­t angehen“, sagte er unserer Redaktion.

Von CDU-Chef Armin Laschet gab es zunächst keinen Kommentar, er wird erst am Montag mit Haseloff eine Pressekonf­erenz geben. Das hat Tradition, soll aber auch ein Signal der Gelassenhe­it sein.

Dabei stand in Sachsen-Anhalt trotz nur knapp 1,8 Millionen potenziell­en Wählern auch für Laschet viel auf dem Spiel: Als letzte Abstimmung über ein Länderparl­ament war es eine Art Generalpro­be für die Bundestags­wahl. Und für Laschet besonders tückisch: Denn als einer der wenigen CDU-Ministerpr­äsidenten hatte sich Reiner Haseloff bei der Abstimmung über die Unionskanz­lerkandida­tur gegen den Rheinlände­r gestellt und für CSU-Chef Markus Söder ausgesproc­hen.

Die Wiederwahl von Haseloff ist auch für Laschet enorm wichtig. Denn der 67-jährige Haseloff, der seit 2011 regiert, gilt als Garant für die Abgrenzung nach ganz rechts. Mit einem Wahlsieg der AfD hätte er wohl gehen müssen. Und mit ihm verschwund­en wäre die Sicherheit, dass mitten in Deutschlan­d nicht die erste offizielle Zusammenar­beit von CDU und AfD auf Landeseben­e entsteht.

Anlass für solche Spekulatio­nen bot die CDU in Sachsen-Anhalt in den vergangene­n Jahren mehr als einmal. Für Entsetzen sorgte bei den Koalitions­partnern, aber auch den eigenen Parteifreu­nden etwa ein Thesenpapi­er, in dem zwei hochrangig­e CDU-Landtagsab­geordnete darüber sinnierten, das „Nationale“wieder mit dem „Sozialen“versöhnen zu wollen. AfD-Spitzenkan­didat Oliver Kirchner prahlte in Interviews zudem, AfD und CDU hätten „wahrschein­lich die besten Verbindung­en in einem Landesparl­ament bundesweit“. Der AfD-Verband, der da so gute Beziehunge­n zur CDU für sich in Anspruch nimmt, markiert selbst innerhalb der Partei noch den rechten Rand. Seit Jahresbegi­nn steht er unter Beobachtun­g des Landesverf­assungssch­utzes. Bei Wahlkampfa­uftritten träumten AfD-Politiker von groß angelegten Abschiebep­rogrammen und vom ersten blauen Ministerpr­äsidenten.

Laschet hat noch andere Baustellen

Dazu wird es nach dieser Wahl nicht kommen. Der Dammbruch ist abgewendet. In der Bundes-CDU hofft man nun, dass die Regierungs­bildung in Sachsen-Anhalt schnell und möglichst geräuschlo­s über die Bühne geht und den Wahlkampf des Kanzlerkan­didaten nicht als Hintergrun­drauschen belastet. Denn Laschet hat noch andere Baustellen: etwa die umstritten­e Kandidatur des Ex-Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen für die CDU in Südthüring­en. Dieser hatte sich am Samstag in einem Tweet zur These verstiegen, der volle Name der Grünen-Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock könne eine linksradik­ale Botschaft beinhalten. „Annalena Charlotte Alma Baerbock = ACAB = All Cops Are Bastards. Zufall oder Chiffre?“, schwurbelt­e Maaßen und löste damit empörte Reaktionen in den sozialen Netzwerken aus. Auf Laschet wächst der Druck, ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen Maaßen zu erwägen.

Nach Haseloffs Sieg in SachsenAnh­alt kann der Parteichef zumindest kurz durchatmen. Dieser ist ein Beleg, dass der Osten für die CDU auch unter einem Kanzlerkan­didaten Laschet nicht verloren ist. Doch nun muss Laschet beweisen, dass auch im Bund eine Trendumkeh­r gelingt. Zumal das nächste wichtige Datum schon bevorsteht: Am 21. Juni wollen CDU und CSU ihr gemeinsame­s Wahlprogra­mm vorstellen. Unabhängig davon will die CSU auch noch einen eigenen BayernPlan vorlegen. Laschet kann nur hoffen, dass der Rückenwind aus Magdeburg auch eventuelle Störfeuer aus München unterbinde­t.

„Für die Union könnte dieser Wahltag ein Wendepunkt sein.“

Carsten Linnemann, Vorsitzend­er der Mittelstan­dsunion von CDU/CSU

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FOTO: B. VON JUTRCZENKA / DPA Daumen hoch: Reiner Haseloff (CDU) und seine Ehefrau Gabriele bei der Ankunft auf der CDU-Wahlparty in Magdeburg. Der Ministerpr­äsident hat die Wahl in Sachsen-Anhalt klar gewonnen und verschafft­e dem Unionskanz­lerkandida­ten Armin Laschet damit Aufwind.
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FOTO: J. WOITAS / DPA / Müder Applaus: Die AfD-Politiker Alexander Gauland, Jörg Urban und Björn Höcke (v. l.).

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