Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Erfurter Fledermaus-Forscherin wird mit dem Verdienstorden geehrt
Berlin/Erfurt.
Dass sie sich für Umwelt und Natur interessiert, das war für die Erfurterin Inken Karst schon immer klar. Dass sie sich für den Schutz von Fledermäusen einsetzt, das hat sie einem eher ernüchternden Biologiestudium in Jena und einem Freund zu verdanken. Nach mehr als 20 Jahren im Dienste der Fledermaus wird die Thüringer Fledermaus-Expertin am heutigen Montag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
„Mich hat die Tierart schon immer fasziniert“, sagt Karst über die Fledermaus. Ihre nachtaktive Lebensweise und außergewöhnlichen Fähigkeiten bei der Echo-Ortung machen sie geheimnisvoll und lassen zahlreiche Legenden und Mythen um sie ranken. „Als einzige Säugetiere fliegen zu können und dann auf die Nacht auszuweichen, weil die Vögel am Tage schon den Raum einnehmen“– das beeindruckte Karst. Und so ist die angehende Biologin offen für den Vorschlag eines Freundes, sich intensiver mit den nachtaktiven Säugern auseinanderzusetzen, um ihr Studium interessanter zu gestalten.
Parallel zum Studium fängt sie also 1996 – mit 23 Jahren – an, die heimlichen Flatterer und bis dahin noch recht unerforschten Tiere zu beobachten, um mehr über sie herauszufinden. So schaut sie sich etwa alle Kirchen in Erfurt an und prüft, ob Fledermäuse in den Türmen Quartiere haben – mit einem ernüchternden Ergebnis. Ihre Diplomarbeit drei Jahre später schreibt sie über die Kleine Hufeisennase, eine Fledermausart mit nur noch wenig bekannten Kolonien – die meisten davon in Thüringen und Sachsen, wenige in Sachsen-Anhalt und Südbayern, Tendenz abnehmend.
In Thüringen 20 Arten der europaweit
25 vorkommenden Arten zu Hause Inzwischen ist die Biologin 48 Jahre alt und deutschlandweit als Fledermausexpertin anerkannt. Sie ist Mitgründerin und Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Fledermaus, die sich dem Quartier- und Habitatschutz von Fledermäusen und insbesondere dem Schutz der bundesweit fast ausgestorbenen Kleinen Hufeisennase verschrieben hat – der es übrigens, auch dank Karst, wieder besser geht. Darüber hinaus ist sie Mitglied im Vorstand des Bundes für Umweltschutz und Naturschutz (BUND) Erfurt sowie ehrenamtliche Fledermausbeauftragte und Mitglied im Naturschutzbeirat der Stadt.
Um auch andere Menschen für den Natur- und Artenschutz zu gewinnen, führt sie zudem seit vielen Jahren gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen die „Stadtsafari“in Erfurt durch, zu der im Sommer nächtliche Fledermausspaziergänge zählen. „Es kann jeder was für Fledermäuse tun“, ist sich Karst sicher. Dafür, so die 48-Jährige, muss man aber eine Brücke zwischen Mensch und Fledermaus schlagen, über ihre Lebensweisen erzählen und Probleme aufzeigen.
Seit 2001 ist Karst auch Mitgesellschafterin des Büros „Nachtaktiv“. Aktuell forschen sie und ihre Kollegen zum Grauen Langohr. In den Jahren hat Karst alle einheimischen Fledermausarten in der Hand gehabt, von der Mopsfledermaus über das große Mausohr bis zum Kleinen Abendsegler. Denn in Thüringen sind 20 Arten der europaweit insgesamt 25 vorkommenden Fledermausarten zu Hause. Fast alle dieser Arten konnte Karst inzwischen in ihrer Heimatstadt Erfurt beobachten.
Dass ihre Arbeit wichtig ist, das weiß die Biologin. Doch wie sie zu der Ehre eines Verdienstordens kommt, bleibt ihr bisher ein Rätsel. Von dem Brief mit der Einladung nach Berlin wurde sie nach eigener Aussage völlig überrascht, die Wertschätzung ihrer Arbeit freue sie aber sehr und erfülle sie mit Stolz. Dass sie diejenige sei, die an diesem Montag geehrt werde, habe sie „ganz vielen Fledermausfreunden“zu verdanken, sagt die Biologin bescheiden. „Es haben ja viele Leute diesen Weg begleitet, und die haben alle einen Anteil daran.“
„Ich bin aber total aufgeregt, muss ich sagen. So eine große Ehre habe ich bislang noch nicht bekommen“, so Karst. Der Verdienstorden ist die höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht. Der Bundespräsident überreicht ihn nur in wenigen Fällen persönlich.