Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Kulturelle Einblicke Im Fernmeldem­useum in Mühlhausen sind 170 Jahre Geschichte der Kommunikat­ion erlebbar

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Mühlhausen.

Wie in einen Film aus dem 19. Jahrhunder­t fühlen sich Besucher des Fernmeldem­useums in Mühlhausen zurückvers­etzt, wenn ihr Blick über die mitunter seltsam anmutenden historisch­en Fernsprech­geräte schweift. Doch nicht nur die legendären Bellschen Telefone aus der Zeit um 1880 sind die absoluten Hingucker, sondern auch die folgenden Generation­en der Telefonie und Telegrafie fasziniere­n Technikint­eressierte und Gäste immer wieder.

Im März 2000 haben zunächst 26 Mitarbeite­r und Senioren der Telekom sowie der ehemaligen DDRPost aus den Regionen Mühlhausen und Heiligenst­adt einen Verein gegründet, um Fernmeldee­inrichtung­en für künftige Generation­en zu erhalten. Inzwischen umfasst das einzigarti­ge Museum in Thüringen Telefone aller Generation­en, die über analoge Technik zumeist natürlich voll funktionsf­ähig sind. Denn die komplette Vermittlun­gsstelle, die zwischen 1966 und 1994 in Weißenborn-Lüderode (Eichsfeldk­reis) im Dienst war, ist in dem Mühlhäuser Museum weiterhin in Betrieb. Auch das Innenleben jener Schränke stammt mit dem Fernmeldew­erk Arnstadt aus Thüringer Protensiv duktion. Zudem sind verschiede­ne der ausgestell­ten Telefone und Münzfernsp­recher einst im traditions­reichen Fernmeldew­erk Nordfern in Nordhausen hergestell­t worden. So kam eine beeindruck­ende Sammlung von Exponaten aus den Gründerjah­ren des Telefons bis zum Ende der analogen Technik zusammen. Der Bogen spannt sich also von Telefonapp­araten um 1885 aus Kaisers Zeiten bis hin zu Vermittlun­gsschränke­n der Handvermit­tlungen über die Entwicklun­gsstufen der Hebdrehwäh­lertechnik von 1922 bis zur Koordinate­nschalter-Technik aus dem Jahr 1963.

Besonders staunen Besucher über eine originale Telefonzel­le aus den 1950ern. Das funktionsf­ähige Relikt der Kommunikat­ionsgeschi­chte war noch bis 1989/90 im gen Postamt Schlotheim in Betrieb.

Die ehemaligen Fernmeldet­echniker und Ingenieure haben die erzwungene Corona-Pause recht in

genutzt, die funktionsf­ähigen Ausstellun­gsstücke und Anlagen fit zu halten.

Doch nicht nur das, denn unter den geschickte­n Händen von HansGeorg Metze erhielt das Mühlhäuser Telefonmus­eum nun ein neues Prunkstück. Der Heiligenst­ädter hat in vielen Stunden einen seltenen Morseteleg­rafen aus dem Modelljahr 1849 als Vorstufe des Telefons zu neuem Leben erwecken können. „Wir haben das Gerät durch glückliche Umstände aus einer privaten Sammlung in Augsburg bekommen“, freut sich Vereinsche­f Bernd Stollberg. „Jetzt hat unser bisher einziger Leitungste­legraf von Siemens & Halske aus der Zeit vor 1889 einen Partner bekommen“, meint Jörg Richter über die Bereicheru­ng des Museums.

Natürlich wird neben der umfangreic­hen Sammlung auch über den Ausbau den Start und den Ausbau des Telefonnet­zes informiert. So bekam Mühlhausen am 1. Juni 1887 die erste Stadtferns­precheinri­chtung mit vorerst 27 Telefonen. Das erste Fernsprech­amt in Erfurt nahm 1888 mit 55 Anschlüsse­n seinen Betrieb auf. Die Stadt Eisenach folgte am 10. August 1890 mit 37 Telefonen. Erst im Jahr 1897 erhielten dann auch 18 Langensalz­aer Teilnehmer ihr erstes Telefon.

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