Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Volles Risiko bringt nichts
Auch ein Olympiasieger ist nur ein Mensch. Thomas Röhler brach den Versuch ab, in Braunschweig mit Gewalt das Tokio-Ticket zu erobern. Vernünftig.
Sein Körper warnte ihn. Mit einem Zwicken im Brustmuskel.
Volles Risiko bringt Röhler in der aktuellen Situation nichts. Der Jenaer und sein erfahrener Trainer Harro Schwuchow wissen das sehr genau. Bei einer gravierenden Verletzung wäre der Flieger nach Japan endgültig weg. Und doch; die Zeit läuft Röhler davon. Logisch, dass der Champion angespannt ist wie wohl noch nie in seiner Karriere, verärgert, dass sein akribischer angelegter olympischer Plan bisher einfach nicht aufgehen will.
Was für seinen Tokio-Start spricht, ist die bislang gute Vorbereitung. Das Jahr Pause habe sich gelohnt, das Training sei sehr gut gewesen. Röhler wirkt perfekt austrainiert. Bereit für 90 Meter. Wenn nur die Blessuren nicht wären.
Doch das ist Sport und Speerwerfen im Besonderen. Auch „Superman“Johannes Vetter musste jetzt auf die Bremse treten. Denn auch ein Weltmeister wie der bullige Sachse ist nicht unzerstörbar.
Beruhigt sich der Brustmuskel wieder, hat Röhler noch vier Wettkämpfe bis zum Ende der Nominierungsfrist. Dort muss er nachweisen, dass er in Olympiaform ist. Vetter hat sein Tokio-Ticket sicher. Um die anderen zwei Fahrkarten kämpfen neben Röhler, der deutsche Meister Weber, der gebürtige Südthüringer Seifert und der lange verletzte Hofmann.
Die Chancen für den Olympiasieger, der auch 2016 vorm Triumph von Rio erst im letzten richtigen Moment in Hochform kam, sind intakt. Doch um ins große Rennen einsteigen zu können, muss Röhler jetzt erstmal werfen.