Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„In der digitalen Steinzeit“ FDP beklagt Zuständigkeitswirrwarr und bescheinigt Landesregierung Armutszeugnis
Erfurt.
302 Din-A4-Seiten, ein Batzen Papier. Den bekam die Thüringer FDP-Fraktion als Antwort auf eine Große Anfrage zur Digitalisierung im Land. Da habe tatsächlich jemand die Datei ausgedruckt und mit der Post verschickt, statt sie schnell per Email zu übermitteln, lästerte FDP-Fraktionschef Thomas L. Kemmerich am Montag bei der Vorstellung des Papieres.
Für die Thüringer Oppositionspartei ist es ein bezeichnendes Beispiel
für den Stand bei der Digitalisierung. „Thüringen verharrt im digitalen Steinzeitalter“, sagte Kemmerich. Auch die Antworten seien ernüchternd und enttäuschend. So registriere man ein Zuständigkeitswirrwarr zwischen Wirtschafts-, Bildungs-, Sozial-, Infrastrukturund Umweltministerium, der Beauftragte des Freistaates für E-Government und IT, angesiedelt als Staatssekretär beim Finanzministerium, bleibe außen vor.
Insgesamt liste die Landesregierung über 70 Digitalisierungsprojekte
auf, keines komme wirklich voran. „Wir fordern eine Priorisierung und Bündelung. Verwaltungsaufgaben und Behördendienstleistungen müssen konsequent vernetzt werden. Die Zettelwirtschaft muss aufhören“, so Kemmerich.
Angebote wie etwas das Thüringer Service-Konto für digitale Verwaltungsleistungen werte man zwar als Schritt in die richtige Richtung. Deren Weiterentwicklung stagniere jedoch ebenso wie der Breitbandausbau. So sei nur jede 40. der rund 1000 Schulen ans schnelle Internet angeschlossen, auch viele Unternehmen kämpften mit miserablen Verbindungen. „Die Folgen konnte man während der Pandemie beobachten. Das Beispiel Estlands zeigt, wie man Behörden bürgerfreundlich vernetzt. Deutschland und Thüringen stehen auf einer Stufe mit Entwicklungsländern wie Bulgarien oder Albanien, das kann nicht unser Anspruch sein“, betonte Kemmerich. Die Thüringer Digitalagentur könne nur beraten, habe aber keine Entscheidungskompetenz.
Klare Kante