Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Warum die AfD bei jungen Menschen so gut abschneide­t

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Berlin/Magdeburg.

Hätten nur die jüngeren Menschen gewählt, nicht die CDU hätte an diesem Abend in Sachsen-Anhalt gejubelt. Sondern die AfD. Die in Teilen von den Sicherheit­sbehörden als rechtsextr­em eingestuft­e Partei erzielte bei der Landtagswa­hl 20 Prozent bei den jüngsten Wählerinne­n und Wählern. Die CDU laut Forschungs­gruppe Wahlen 17.

Bei den Menschen zwischen 30 und 44 Jahren holte die AfD 30 Prozent der Stimmen, die CDU nur 27. Das Forschungs­institut Infratest Dimap sieht bei den jüngsten Wählenden immerhin die CDU noch knapp vorne. Doch auch hier liegt die AfD bei den 25- bis 34-Jährigen deutlich vorne: mit 28 Prozent der Stimmen (CDU nur 22). Sachsen-Anhalt ist kein Sonderfall: In Sachsen wurde die AfD bei Wählern unter 30 stärkste Kraft, genauso in Thüringen. In Brandenbur­g landete die Partei in der Altersgrup­pe knapp hinter den Grünen.

Oliver Kirchner, AfD-Spitzenkan­didat in Sachsen-Anhalt, hob am Tag nach der Wahl noch einmal die Bedeutung der jungen Wählerscha­ft hervor. Man habe Erstwähler direkt kontaktier­t und stark auf Wahlkampf in den sozialen Medien wie Facebook gesetzt.

Vor allem ein Gefühl treibt die Menschen offenbar in die Arme der AfD: Das Gefühl, das Leben und die eigene Perspektiv­e in Deutschlan­d verschlech­tere sich. 41 Prozent der Anhänger der AfD gaben an, dass

Oliver Kirchner (l.) und Tino Chrupalla buhlen um die Jungen.

sich die „Lebensumst­ände in ihrer Gegend in den vergangene­n Jahren verschlech­tert“hätten. Bei der CDU sind es nur neun Prozent.

Studien zeigen, dass auch 30 Jahre nach dem Mauerfall die Kluft zwischen Ost und West bei den Zukunftsän­gsten stark ist. Junge Menschen sehen im Westen Deutschlan­ds

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder

(CSU)

viel bessere Karrierech­ancen. Die Pandemie, so deuten Untersuchu­ngen an, habe diese Sorgen noch verschärft. „Wenn etwas eine Rolle spielt, dann die gefühlte Benachteil­igung“, sagt Alexander Yendell, Soziologe von der Universitä­t Leipzig.

Es sind vor allem junge Frauen, die auf der Suche nach besserer Arbeit oder Bildung aus dem Osten wegziehen. Und es sind eher junge Männer, die bleiben. Vor allem dort, bei jungen Männern auf dem Land, ist die AfD stark. Bei ihnen, zeigen Studien, sind „autoritäre Haltungen“und die Zustimmung zu „starken Führungsfi­guren“eher verbreitet – eine Einstellun­g, die die AfD für sich nutzt.

Die Wahlergebn­isse im Osten weisen darauf hin, dass es der AfD deutlich besser gelingt, diese Sorge vor Benachteil­igung in ihrem Wahlkampf aufzugreif­en. Sie macht dies auch – gerade im radikalen AfDFlügel im Osten – mit Hetze gegen Fremde, die Partei wettert gegen „den Islam“und „die Flüchtling­e“. Und sie nimmt die „etablierte­n Parteien“oder „Altparteie­n“ins Visier.

So zeigen Untersuchu­ngen der Wählerscha­ft, dass junge Menschen in Ostdeutsch­land deutlich stärker als im Westen des Landes auf ausländerf­eindliche Parolen anspringen. Vor allem wegen ihrer flüchtling­sfeindlich­en Politik erhält die AfD in Sachsen-Anhalt Zuspruch. Obwohl – oder gerade weil – dort im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlan­ds kaum Menschen mit Zuwanderun­gsgeschich­te oder Asylsuchen­de leben.

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