Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Erfurter Buga heißt die Kultur willkommen
Auf der Erfurter Bundesgartenschau (Buga) startet am heutigen Mittwoch das Veranstaltungsprogramm. Buga-Chefin Kathrin Weiß kündigte Konzerte, Lesungen, Führungen und Sport-Angebote im Rahmen der Themenwochen und der Veranstaltungsreihen an. Am Montag, 14. Juni, beginnt zudem das „Buga-Klassenzimmer“mit Hunderten Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche. „Jetzt ist die Buga komplett“, sagte Weiß. Noch warten müssen allerdings die Bühnen- und Mitmachprogramme. Buga-Programmchefin Nadja Kersten rechnet mit dem Auftakt für diese Angebote am Montag, 21. Juni. Bei größeren Veranstaltungen sollen Platzkarten für die Begrenzung der Besucherzahlen sorgen.
Die ganze Sache dauert wenige Minuten. Marlen Weber (26) schaut entspannt, als sie aus dem Zimmer kommt. Gerade hat sie ihre Impfung gegen das Coronavirus bekommen. Sie gehört zu den Ersten an diesem Tag in der Mutter/ Vater-Kind-Wohngruppe in Windeberg, einem Ortsteil von Mühlhausen im Unstrut-Hainich-Kreis. „Ich hatte mich sehr schnell dafür entschieden, mich gegen Corona impfen zu lassen. Jetzt bin ich froh, dass das möglich wurde“, erzählt sie.
Die Einrichtungsleitung hat das allen Impfwilligen ermöglicht – obwohl solche Häuser im Gegensatz zu anderen Gemeinschaftseinrichtungen, beispielsweise solchen für Geflüchtete, in Thüringen nicht unter eine Priorität fallen. „Wir hätten uns gewünscht, dass das anders gelaufen wäre“, sagt Leiterin Sandy Kirchner. Sie ist froh darüber, dass sich nahezu alle Bewohner zu einer Impfung entschlossen haben, und meint: „Einrichtungen wie unsere hätten mit Priorität geimpft werden müssen.“Denn: Corona schränkt den Alltag nunmehr seit 15 Monaten deutlich ein.
Großer Schritt zurück in das normale Leben Geschlossene Kindergärten und Schulen, aber auch Ausbildungseinrichtungen, die im Distanzbetrieb laufen – all das entfaltet Wechselwirkungen, die die Mitarbeiterinnen, aber auch die Bewohner spüren. Beispielsweise dann, wenn die Kinder den ganzen Tag in der Wohngruppe sind und nicht, wie sonst üblich, im Kindergarten oder der Schule betreut werden können.
Das bindet deutlich mehr Personal. Hinzu kommt, dass die Einrichtungen zunächst beim CoronaHilfspaket des Landes vergessen wurden, das solche Mehraufwendungen ausgleichen könnte. Nach zähem Ringen änderte sich das.
Trotz aller Vorsicht: Einen hundertprozentigen Schutz für die Mitarbeitenden und die Bewohner konnte in den vergangenen 15 Monaten niemand bieten. Die Klienten deshalb allein lassen? Das war in der Corona-Krise erst recht keine Alternative für die Belegschaft, die ihren Job mit großem Enthusiasmus und viel Liebe zum Detail macht. Denn alle Bewohnerinnen und Bewohner brauchen diese Unterstützung,
um wieder einen Weg zurück in ihre Normalität zu finden, weil sie in der Regel schwierige Situationen durchgemacht haben, bevor sie nach Windeberg kamen. Ganz unabhängig davon, dass es da noch dieses Virus gibt. Aber genau deshalb schwingt durch Corona seit Monaten die Angst vor einer Ansteckung mit. Glücklicherweise gab es bisher keinen nachgewiesenen Coronafall in der Einrichtung.
Am vergangenen Donnerstag blicken die Betreuten vor allem positiv nach vorn. Denn die Impfung – der Termin dürfte einer der ersten seiner Art in einer solchen Einrichtung in Thüringen gewesen sein – wird einen großen Schritt zurück ins normale Leben ermöglichen.
Marlen Weber erinnert sich genau daran, dass es schwierig war, als in dem Dorf zum Beispiel die Spielplätze geschlossen waren. Dennoch war sie mit ihrem Kind viel draußen unterwegs. Sie hätten versucht, erzählt sie nach der Impfung, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen.
Dass sich jetzt ihre Ausbildung zur Fachpraktikerin Küche normalisiert und weniger über Videokonferenzen stattfindet, freut die 26Jährige darüber hinaus umso mehr. Die Impfung, sagt sie, trage nun ihren Teil zur Rückkehr zur Normalität bei.
Währenddessen beantwortet Stephan Nautscher-Timmermann im Nebenzimmer schon wieder Fragen der nächsten Bewohnerin. Der Facharzt aus Mühlhausen hat gemeinsam mit Sandy Kirchner den Impftermin auf die Beine gestellt und immunisiert mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson. Ein Vorteil, weil dann nur eine Impfung notwendig wird.
Lob für Engagement der Einrichtung
„Impfen ist der einzige Weg aus der Pandemie“, sagt der Mediziner, der selbst über das Impfen promoviert hat. Deshalb sei es gut und wichtig, dass solche Termine wie in Windeberg auf die Beine gestellt werden.
Besondere Fragen, berichtet er hinterher, habe es bei der Impfaktion nicht gegeben. Es ging um Aufklärung, die immer Pflicht ist und hier ausführlich stattgefunden hat. Deshalb war Tage vor der Aktion zum Beispiel Radko Krissak, ein tschechischsprachiger Arzt, vor Ort und hat mit einer Bewohnerin, die kein Deutsch versteht, das Aufklärungsgespräch geführt.
Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) sieht die Aktion in Mühlhausen positiv und stimmt mit dem Arzt überein, dass Impfen der Weg aus der Pandemie sei. „Daher ist es gut, wenn sich Träger von Einrichtungen beziehungsweise die Einrichtungen selbst auch aktiv darum bemühen, wie es schnell zu Impfschutz kommen kann“, sagt der Minister auf Anfrage. Das Engagement der Beteiligten in dieser Sache „finde ich toll“, so Holter, der auch die besondere Stärke lokaler Netzwerke heraushebt, auf die in diesem konkreten Fall offensichtlich zurückgegriffen wurde.
Etwas mehr als eine Stunde dauert die Impfaktion. Interessant übrigens: Die Betreuten in der Einrichtung der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) sind jetzt sogar schneller gegen das Coronavirus immunisiert als die meisten Mitarbeiter, weil sie den Einmalimpfstoff erhalten.
Möglicherweise führt das dazu, dass die jährlich angebotene Ferienfreizeit wieder stattfinden kann – und damit noch ein weiterer Schritt zurück in die Normalität erfolgt.