Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Jeder sollte sich zurücknehmen“
CDU will am Samstag Bundestagsliste beschließen. Streit im Vorfeld will man vermeiden
Bei der Thüringer CDU spielt die Landesliste für die Bundestagswahl im September eigentlich keine besondere Rolle. Das Ziel ist stets ein Direktmandat, und zuletzt sind die Kandidaten diesem Anspruch auch immer gerecht geworden. Dennoch gibt es in schöner Regelmäßigkeit Gerangel um vordere Plätze. Weil damit auch die Stellung in der Partei verbunden wird. Am Samstag sollen die Delegierten in Erfurt die Liste beschließen.
Um im Vorfeld öffentliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, wurden viele Gespräche geführt. Unter anderem mit Mike Mohring. Der einstige Partei- und Fraktionschef hat den langjährigen Abgeordneten Johannes Selle als Direktkandidat im Weimarer Land verdrängt. Mohring will im Bundestag eine neue Karriere starten, nachdem ihm das Debakel um die Wahl des FDP-Kurzzeitministerpräsidenten Thomas Kemmerich mit CDU- und AfD-Stimmen seine Ämter kostete. Dem 49-Jährigen wird zugetraut, sich aus Imagegründen nicht mit einem mittelmäßigen Listenplatz zu begnügen.
Bevor sich am Dienstagabend der CDU-Landesvorstand online zusammenschaltete, um erstmals über einen bis dato unter Verschluss gehaltenen Listenvorschlag zu beraten, war also einiges ungewiss. Sicher war lediglich, dass der Landesvorsitzende Christian Hirte auf Platz eins geht. Der Chef der Thüringer Landesgruppe im Bundestag und Parlamentarische Geschäftsführer, Manfred Grund, der bislang die Spitzenposition belegte, hatte Hirte vorgeschlagen, die Plätze zu tauschen und für ihn Rang vier einzunehmen.
Platz zwei dürfte, wie vor vier Jahren, normalerweise der finanzpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion Antje Tillmann aus Erfurt vorbehalten sein. Der parteiinternen Logik folgend, käme Volkmar
Vogel wieder auf drei. Zumal der Ostthüringer mittlerweile Parlamentarischer Staatssekretär ist. Nach Grund käme dann der Digitalexperte Tankred Schipanski auf Platz fünf und auf Platz sechs Kristina Nordt, da die Satzung auf jedem dritten Platz eine Frau vorsieht. Sie war für den im Zuge des CoronaMaskenskandals zurückgetretenen Südthüringer Abgeordneten Mark Hauptmann nachgerückt.
Nordt bewirbt sich im Gegensatz zu den vor ihr Platzierten nicht um ein Direktmandat, weil im inzwischen über den Freistaat hinaus bekannt gewordenen Wahlkreis 196 der umstrittene ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz,
Hans-Georg Maaßen, antritt. Bei allem Frust, ihn nicht gegen das Votum der Kreisverbände verhindert zu haben, hat die Parteispitze eine Sorge weniger. Maaßen wolle freiwillig auf einen Listenplatz verzichten, so Generalsekretär Christian Herrgott.
Das könnte, wie man hört, auch für Albert Weiler gelten. Der Ostthüringer hatte sich bereits 2017 erfolgreich ganz auf sein Direktmandat konzentriert.
Und was ist nun mit Mohring? Wird der 49-Jährige um einen vorderen Listenplatz kämpfen? Er müsse erstmal abwarten, wie er nach der Vorstellung von Hirte und Fraktionschef Mario Voigt platziert werde, teilt er auf Anfrage schriftlich mit. Grund mahnt am Dienstagvormittag vorsorglich: „Jeder sollte sich ein bisschen zurücknehmen.“Und Tillmann sagt: „Wir sollten stolz sein, dass mehr als die Hälfte der Mitglieder unserer kleinen Landesgruppe Funktionen in der Fraktion hat.“Deren Bedeutung solle man auf der Liste berücksichtigen.
Die virtuelle Sitzung des Landesvorstands am Dienstagabend dauerte bis Redaktionsschluss an. „Es spricht vieles dafür, dass die Liste erst am Freitag verabschiedet wird“, sagte ein Vorstandsmitglied dieser Zeitung.