Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Zwei Männer streiten um den FDP-Landesvorsitz
Hagen Hultzsch und Thomas Kemmerich als Kandidaten. Thüringer Liberale wollen im dritten Anlauf neu wählen
Hagen Hultzsch (60) bleibt zurückhaltend. Warum er sich um den Landesvorsitz bewirbt? „Ich will nicht, dass die FDP in Thüringen nur für eine bestimmte Gruppe steht“, sagt er. Die Partei scheint ihm zu zentriert auf Unternehmer. Allerdings: „Mit weniger als vier Prozent Unternehmer können wir keine Wahlen gewinnen.“
Am Samstag will Hultzsch die Delegierten beim Landesparteitag der Liberalen in Erfurt überzeugen. Es ist der dritte Anlauf für die FDP, ihren Landesvorstand neu zu wählen. Der Pandemie wegen musste der Parteitag zuletzt in Eisenberg ausfallen.
Thomas Kemmerich wirkt wenige Tage, bevor er sich erneut seiner Partei als Vorsitzender anbieten will, ebenfalls entspannt. Welche Rolle der 5. Februar 2020, als er sich nicht nur mit Stimmen von FDP und CDU, sondern auch der in weiten Teilen rechtsextremen AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, noch spielt? Kemmerich wiederholt, was er in den letzten Monaten häufig gesagt hat: „Wer immer nur in den Rückspiegel schaut, der kommt nicht voran.“Es gebe so viele Deutungen der Ereignisse, „da werde ich keine weitere hinzufügen“.
Sein Widersacher Hagen Hultzsch gehörte damals zu den ersten Liberalen, die sich vom Landesvorsitzenden distanzierten und seinen Rücktritt gerne gesehen hätten. 16 Monate später klingt er in der Bewertung gemäßigter, bleibt im Urteil aber dabei: „Wir dürfen mit Extremisten keine gemeinsame Sache machen.“Stattdessen seien Inhalte und eine breitere Aufstellung wichtig. „Wir müssen das auch in unserem Wahlprogramm abbilden“, sagt der Weimarer Kreisvorsitzende. Bei Kemmerich sieht er diese von ihm erhoffte Breite nicht ausreichend repräsentiert. „Mir geht es darum, Menschen mit einem breit aufgestellten Programm zu überzeugen und neue Wähler dauerhaft an uns zu binden,“sagt er und spricht von einer besser organisierten Digitalisierung, mehr Bildung im mathematisch-informatisch-naturwissenschaftlich-technischen Bereich oder sozialen Leistungen, die als „Gesamtbedarf den Menschen in die Hand gegeben werden müssen.“
Inhaltlich sieht sich Kemmerich wiederum in einer guten Position, den Landesverband weitere Jahre zu führen. Er stellt auf die Arbeit in der Fraktion ab und spricht von einem guten Team, dass sich hier gebildet habe – und nennt ausdrücklich nicht die Abgeordnete Ute Bergner, deren Parteimitgliedschaft ruht und die mit „Bürger für Thüringen“in den dräuenden Landtagswahlkampf ziehen wird. Kemmerich bleibt dabei: Die FDP sei die Digitalisierungspartei, aber auch jene, die Bildungschancen garantiere und im Gesundheitsbereich Kompetenz habe. Das will er nach vorn stellen. Kritik daran, die Kreisvorsitzenden nicht vernünftig einzubinden, teilt er nicht. Er habe ein gutes Verhältnis zur Basis, sagt er.
Diese Basis wird am Samstag die beiden Kandidaten – weitere sind bisher nicht bekannt -- in Erfurt bewerten – diesmal in Präsenz, weil es die Pandemie wieder zulässt.