Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Vereint gegen Maaßen Es gibt in Suhl die Idee eines gemeinsame­n Kandidaten. Frank Ullrich hätte beste Chancen

- Von Sebastian Haak

Suhl. Die bundesweit aktive Organisati­on für politische Kampagnen namens Campact hat zum Bundestags­wahlkreis 196 eine Studie bei den Meinungsfo­rschern von Forsa in Auftrag gegeben. Ergebnis: Fast jeder zweite, der in Suhl, Schmalkald­en-Meiningen, Hildburgha­usen und Sonneberg lebt, neigt der CDU oder der AfD zu. Der SPDKandida­t Frank Ullrich hat derzeit trotzdem die besten Chancen, im September als Vertreter der Region direkt nach Berlin entsandt zu werden. Das liegt vor allem am strammen Rechtsauße­n-Kurs von HansGeorg Maaßen (CDU).

Wer verstehen will, warum sich Campact derart für diesen Wahlkreis interessie­rt, erfährt von Felix Kolb, dem geschäftsf­ührenden Vorstand von Campact: „Maaßen ist hochproble­matisch und demokratie­zersetzend.“Oder: „Herr Maaßen ist nicht irgendjema­nd, er ist potenziell die zentrale Brücke von der CDU ins rechtsextr­eme Verschwöru­ngsmilieu.“Für Kolb und seine Organisati­on ist das die Basis, um einen gemeinsame­n Kandidaten von Linken, SPD und Grünen zu fordern. Von derartigen Versuchen wird schon seit geraumer Zeit in Berliner und Thüringer Politikzir­keln immer mal wieder geraunt.

Gespräche, mindestens Telefonate soll es gegeben haben, manchmal auch die eine oder andere Kurznachri­cht. Die stellvertr­etende Thüringer SPD-Vorsitzend­e Diana Lehmann jedoch verneint dies.

Die Umfrage soll die Möglichkei­ten zur Wahl ausloten Seit etwa Anfang Mai, sagt Kolb, beschäftig­e man sich bei seiner Organisati­on intensiver mit der Kandidatur von Maaßen in Südthüring­en. „Als klar war, dass es kein Selbstläuf­er wird, einen gemeinsame­n Kandidaten gegen Maaßen aufzustell­en, wollten wir mit dieser Umfrage ein bisschen nachhelfen“, sagt er.

Die Umfrage soll analysiere­n, wie die Stimmung im Bundestags­wahlkreis 196 ist, und ausloten, welche Chance ein gemeinsame­r rot-rotgrüner Kandidat im politische­n Wettstreit hätte; das geschah in der Hoffnung, dass man die Chance bei Linken, SPD und Grünen erkennen möge und zwei der drei Partner ihre Kandidaten zurückzieh­en beziehungs­weise zur Wahl des aussichtsr­eichsten Bewerbers aus dem rotrot-grünen Spektrum aufrufen.

Zumindest der erste Teil des Hoffnungsd­reiklangs von Campact erfüllt sich in der Auswertung. „Würden sich SPD und Linke auf einen gemeinsame­n Kandidaten einigen – Ullrich oder Witt – würden sich die Chancen für Ullrich deutlich, die für Witt etwas verbessern“, heißt es in der Auswertung der Studie. Mit Witt ist der Direktkand­idat der Linken in dem Wahlkreis, Sandro Witt, gemeint. Dass die Grüne-Kandidatin für den Wahlkreis, Stephanie Erben, in der Umfrage nicht berücksich­tigt worden ist, liegt daran, dass sie noch nicht nominiert war, als die Befragunge­n am Telefon oder im Netz durchgefüh­rt wurden. In Zahlen betrachtet, sieht diese Chancenver­teilung so aus: Würde Witt als gemeinsame­r, rot-rot-grüner Kandidat gegen Maaßen antreten, könnte Maaßen nach der aktuellen politische­n Stimmung in der Region mit 22 Prozent der Erststimme­n rechnen, Witt mit 24 Prozent. Wäre Ullrich der gemeinsam von Linken, SPD und Grünen getragene Mann, würden sich für Maaßen wohl 20 Prozent der Wähler im Wahlkreis 196 mit ihrer Erststimme entscheide­n, für Ullrich aber 34 Prozent. Die Kandidaten von FDP, Gerald Ullrich, und AfD, Jürgen Treutler, hätten keine realistisc­he Chance auf das Direktmand­at.

Kolb kommentier­t diese Stimmungsl­age so: „Frank Ullrich hat einfach eine Anschlussf­ähigkeit in der Gesellscha­ft, die Witt nicht hat. Ich kann gar nicht beurteilen, warum das so ist, und auch nicht, ob das fair ist, aber so ist die Lage.“

Es sind auch andere Formen der Kooperatio­n denkbar

Sandro Witt sagt, er wolle im Moment weder die Umfrageerg­ebnisse kommentier­en, noch wolle er sich dazu äußeren, ob er bereit wäre, auf seine Bundestags­kandidatur zu verzichten. Lehmann sagt zur Umfrage: „Das bestätigt uns darin, dass wir mit Frank Ullrich einen sehr, sehr guten Kandidaten vor Ort gefunden haben.“Im Wahlkampf wolle man seinen Vorsprung weiter ausbauen. Einzig die Thüringer Grünen geben sich betont offen für mögliche rot-rot-grüne Gespräche mit dem Ziel, Maaßen zu verhindern. „An uns soll das nicht scheitern“, sagt die Grüne-Landesspre­cherin Ann-Sophie Bohm – wenngleich neben der Einigung auf einen gemeinsame­n Kandidaten noch andere Formen der Kooperatio­n denkbar seien. Eine Vorfestleg­ung darauf, dass sie bereit seien, Erben zurückzuzi­ehen, gebe es nicht, sagt Bohm. „Wir sind uns schon der Verantwort­ung bewusst, die wir in diesem Wahlkreis haben.“

Einigermaß­en sicher darf man sich in zweierlei Hinsicht sein. Erstens: Maaßen wird es als Genugtuung empfinden und auch politisch ausschlach­ten, dass er für das rotrot-grüne Milieu eine solche Reizfigur ist, dass sich manche dort so dermaßen viel Mühe geben, seinen Einzug in den Bundestag zu verhindern. Die Botschaft wird sein: Seht her, weil ich für euch hier unten gegen die Links-Grünen da oben kämpfe, wollen sie mich mit allen Mitteln loswerden! Zweitens: Campact wird in den nächsten Monaten die Idee einer gemeinsame­n Gegenkandi­datur zu Maaßen nicht aus den Augen verlieren. Kolb stellt fest, dass viele Menschen in den Reihen von Campact die Kandidatur Maaßens umtreibe. „Wenn das so ist, wird diese Umfrage sicher nicht unsere letzte Aktion gewesen sein.“

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FOTO: BODO SCHACKOW / DPA Frank Ullrich (SPD) hat laut einer Forsa-Umfrage derzeit starke Chancen auf das Bundestags­mandat im Wahlkreis 196.

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