Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Gerichtsbe­richt Angeklagte­r hat keine Zeit, die Agentur zu informiere­n. Verfahren wird mit Auflagen eingestell­t

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Gotha.

Der Angeklagte ist rumänische­r Staatsbürg­er und hält sich mit seiner Lebensgefä­hrtin und den beiden Kindern bereits längere Zeit in Deutschlan­d auf. Richter Fabian Clauß musste sich schon im Mai mit ihm befassen. Da wurde der 35-Jährige vom Amtsgerich­t Gotha zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er ohne gültigen Führersche­in mit einem Auto unterwegs war.

Arbeitsage­ntur zeigt Angeklagte­n an und schickt Rechnung

Nun wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft vor, sich auf betrügeris­che Art Leistungen erschliche­n zu haben. Genau 911 Euro habe ihm die Agentur für Arbeit überwiesen für einen Zeitraum, in dem er bereits einer regulären Arbeit nachging.

Das bestreitet der Mann nicht. Und er gibt zu, dass seine Lebensgefä­hrtin, auf deren Konto das Geld überwiesen wurde, den Zeigefinge­r erhoben und ihm klar gemacht hat, das Geld gibt‘s zu Unrecht. Doch irgendwie unternahme­n weder der Angeklagte noch seine Freundin die nötigen Schritte, um die Sache zu regeln.

Justitias Entscheidu­ng war am Amtsgerich­t Gotha gefragt.

Er sei, sagt der Mann, immer davon ausgegange­n, dass die Agentur für Arbeit über seinen neuen Job informiert worden ist. Und er selbst habe keine Zeit gefunden, sich beim

Amt zu melden. Sein Chef hätte überaus sauer reagiert, wäre er von der Arbeit ferngeblie­ben. Das Geld wurde, statt es zurückzuza­hlen, ausgegeben. Dann bekam die Agentur für Arbeit durch eine Überschnei­dungsmitte­ilung Wind davon, dass sie die knapp 1000 Euro fälschlich­erweise ausgezahlt hat. Neben einer Anzeige erhielt der Sünder eine Rechnung und damit die Aufforderu­ng die erschliche­nen Leistungen zurückzuza­hlen. Infolge finanziell­en Unvermögen­s unterblieb das. Eine Mitarbeite­rin der Behörde erklärt im Zeugenstan­d, dass diese Rechnung mittlerwei­le zurückgest­ellt sei, jedoch nicht gelöscht. Sobald der Mann über entspreche­ndes Einkommen verfügt, werden man wieder aktiv, erläutert sie. Das jedoch dürfte so schnell nicht passieren.

In diesem Moment meldet sich der Angeklagte zu Wort und fragt den Richter, den er mit Chef anspricht, ob er nicht einfach das Geld zurückzahl­en könne. Das müsse er sogar, stellt dieser klar. Nun ist es so eine Sache, die Strafzahlu­ng regelmäßig zu überweisen, wenn in der Haushaltsk­asse öfter Ebbe ist.

Hinzu kommt, dass der Mann bereits Geld an die Staatskass­e berappen muss. Bei Fragen zu seinen Einkünften hat er ein monatliche­s Salär von 800 Euro angegeben. Bisschen wenig, wie der Staatsanwa­lt glaubt. Doch auch seine Partnerin verdient und es gibt Unterstütz­ung vom Staat, etwa für Miete. Der Angeklagte ist sich allerdings gewiss, das Geld aufzubring­en.

Das veranlasst den Richter, eine Verfahrens­einstellun­g ins Gespräch zu bringen. Eine, die jedoch erst Gültigkeit erlangt, wenn die Summe von 911 Euro wieder komplett zurückgeza­hlt wird.

Dabei hält das Gericht eine monatliche Rate von 75 Euro für gerechtfer­tigt, wobei die Schlussrat­e dann einige Euro höher ausfällt.

Bestandene Führersche­inprüfung mildert die Strafe nicht

Zu all dem nickt der Angeklagte und verspricht hoch und heilig, umgehend mit der Zahlung zu beginnen. Richter Clauß macht ihm noch deutlich, dass es für ihn sehr teuer wird, wenn er sich nicht an die Vereinbaru­ng hält.

Ehe die Verhandlun­g geschlosse­n wird, wendet sich der Angeklagte noch einmal an den Richter. Er erzählt, dass er bald nach Rumänien reisen werde, um dort die Führersche­inprüfung zu machen. Wenn er sie bestehe, so fragt er Fabian Clauß, könne dann ein Teil der Strafe aus der Verhandlun­g vom Mai erlassen werden? Dieser verweist das lächelnd ins Reich unerfüllba­rer Wünsche.

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