Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Wie der FC Rot-Weiß auf die Debatten um das Vereinslog­o in Regenbogen-Farben reagiert

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Erfurt.

Wahrschein­lich war es purer Zufall. Als am Dienstagab­end im ZDF die Dokumentat­ion „In der Abseitsfal­le“das Thema Homophobie im Fußball unter die Lupe nahm, wirbelte der einstige DDRJugendn­ationalspi­eler Marcus Urban über den Rasen des Steigerwal­dstadions und erzählte aus seinem bewegten Leben – im Trikot des FC Rot-Weiß Erfurt.

Nur ein paar Stunden zuvor hing ein Plakat vor dem Haupttor der Arena. Es zeigt, dass Fußball und Homosexual­ität offenbar für manchen Fan noch immer einen zu schwierige­n Spagat bedeuten. „Euer Pride Month interessie­rt uns einen scheiß – unsere Farben bleiben für immer rot und weiß“stand auf dem weißen Banner geschriebe­n. Weil die Spielbetri­ebs GmbH des FC Rot-Weiß Erfurt mit der ersten Mannschaft für diesen Monat das Vereinslog­o mit den Regenbogen­farben untermalt und damit den jährlich stattfinde­nden Pride Month als Zeichen für Vielfalt und Toleranz unterstütz­t, laufen einige RWE-Anhänger nun Sturm.

Der Protest war so enorm, dass sich der Club nun zu einer Reaktion genötigt sah. Man wolle bis zum Monatsende das rot-weiße Logo ab sofort unveränder­t, aber mit unterlegte­r Regenbogen­fahne verwenden. „Die Kritik an der Änderung des Logos können wir nachvollzi­ehen, die Kritik an der Aktion als solches jedoch auf keinen Fall“, heißt es in einer Erklärung.

Als der FC Rot-Weiß Erfurt seine Unterstütz­ung der Aktion am 1. Juni öffentlich machte, begründete Marketing-Chef Volker Greuel dies

Der FC Rot-Weiß Erfurt setzt sich für Vielfalt und Toleranz ein – und löste damit bei einigen Fans eine heftige Debatte aus.

mit der gesellscha­ftlichen Verantwort­ung. Man wolle ein Zeichen gegen Diskrimini­erung sowie für eine bunte Vielfalt setzen. Sofort jedoch füllten sich die Kommentars­palten

in den sozialen Netzwerken – meistens auf bezeichnen­de Weise.

Ein User fragte allen Ernstes, ob bei Rot-Weiß nun auch Fußballeri­nnen spielen. Aber es ging in der hitzigen Debatte weitaus schärfer zur Sache. Weil auf dem Instagram-Kanal des FC Rot-Weiß nämlich auch hasserfüll­te und justiziabl­e Beiträge landeten, musste dort die Kommentarf­unktion abgeschalt­et werden. „Kommentare unter den Social-Media-Beiträgen die beleidigen­d oder diskrimini­erend sind, werden auch zukünftig nicht geduldet“, erklärte der FC Rot-Weiß Erfurt.

All jene Reaktionen zeigen, wie tief Homophobie im Fußball nach wie vor verwurzelt ist. Dabei offenbarte die ZDF-Dokumentat­ion auf beeindruck­ende Weise, wie der Zwang, seine sexuelle Identität zu verheimlic­hen, Menschen krank machen und Karrieren zerstören kann. Marcus Urban, der einst bei der BSG Motor Weimar mit dem Fußballspi­elen begann, es mit 13 auf die Kinder- und Jugendspor­tschule in Erfurt schaffte und später in der DDR-Jugendnati­onalmannsc­haft kickte, hielt den Druck damals nicht mehr aus. Als er 1991 auf dem Sprung in den Zweitliga-Kader war, hörte er als 20-Jähriger auf und begann in Weimar ein Studium.

Bald will der FC Rot-Weiß Erfurt seinen Beitrag für ein menschlich­es Miteinande­r in jeglicher Hinsicht auch schriftlic­h untermauer­n – in der neuen Satzung, die auf der Mitglieder­versammlun­g am 26. Juni im Steigerwal­dstadion vorgestell­t wird. Man sei weltoffen, antirassis­tisch, demokratis­ch, humanistis­ch, familienfr­eundlich und fördere und fordere Respekt und Toleranz von seinen Mitglieder­n, heißt es unter Paragraf zwei.

Jenen nun ganz offen zur Schau getragenen Rückhalt des Vereins hätte sich einst auch Marcus Urban gewünscht. „Damals gab es niemanden, der mir geholfen hätte. Ein Outing wäre mein Ende gewesen“, sagt er in der ZDF-Doku.

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