Thüringische Landeszeitung (Gotha)
In Ballstädt Unschuldige angegriffen
Neun Angeklagte gestehen den Überfall
Erfurt. „Wir sind heute davon überzeugt, dass wir die Verkehrten getroffen haben.“Einer der Angeklagten im Ballstädt-Prozess hat am Mittwoch nicht nur die ihm vorgeworfene Tat eingeräumt, sondern auch, Unschuldige mit dem Angriff verletzt zu haben. Der brutale Neonazi-Überfall im Februar 2014 auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt forderte zehn teils Schwerverletzte. Einer der Angreifer erlitt eine Kopfverletzung, als er von einem Stuhl getroffen wurde, wie er sagt.
Am dritten Verhandlungstag der Neuauflage des Prozesses arbeitete die 6. Strafkammer des Landgerichts Erfurt die angestrebten Urteilsabsprachen ab. Neun der elf Angeklagten legten – mehr oder weniger umfassend – Geständnisse ab, in denen sie die ihnen in der Anklage vorgeworfenen Taten einräumen. Damit ist klar, der brutale Überfall teils militanter Neonazis auf Unschuldige hat stattgefunden.
Als Motiv nannten mehrere Angeklagte eine mit einem Stein eingeworfene Fensterscheibe am sogenannten gelben Haus, dem Treffpunkt der Angreifer. Wirkliche Belege dafür, dass der Steinewerfer aus der Gruppe der Feiernden kommt, fehlen.
Eine Angeklagte und ein Angeklagter lehnen ihren Deal ab. Sie streben die Einstellung des Verfahrens an. Mehrere der Angreifer schilderten, wie sie jeweils als Letzte zur Schlägerei hinzugekommen seien.
Einen der Angeklagten wies das Gericht deutlich darauf hin, dass seine Angaben nicht als Geständnis zu werten seien.
Die Urteilsabsprachen sehen vor, dass gegen ein umfassendes Geständnis eine Freiheitsstrafe verhängt werde, die gegen weitere Auflagen finanzieller Art oder als Sozialleistungen zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Das Gericht hat bereits angekündigt, als erste Zeugen Betroffene des Angriffs befragen zu wollen. Der Nebenklage, welche die Betroffenen vertritt, fehlen die juristische Möglichkeiten, die Deals zu verhindern, wenn sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Angeklagte einig sind.