Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Gothaer Viadukt ist zum Wahrzeichen der Stadt geworden
Vor 30 Jahren wurde Grundstein für 68 Millionen D-Mark teuren Ersatzneubau gelegt
Am 15. August jährt sich zum 30. Male die feierliche Grundsteinlegung für den Ersatzneubau des Gothaer Viaduktes, der seit seiner Errichtung das südliche Eingangstor in die Residenzstadt Gotha markiert. Der Gothaer Viadukt befindet sich am östlichen Teil des Bahnhofes Gotha bei Bahn-Kilometer 136,1 der zweigleisigen, seit 1994 elektrifizierten Eisenbahnstrecke Halle (Saale) Hbf. – Guntershausen.
Im April 1844 begannen, im Zuge des bereits 1840 beschlossenen Baus einer 189 Kilometer langen Ost-West-Eisenbahnverbindung von Halle (Saale) nach Eisenach über Gotha, die Bauarbeiten für die Errichtung einer Talbrücke in Gotha. Die Bogenreihenbrücke mit neun Bögen, einer Höhe von zwölf Metern und einer Breite von 10,5 Metern war zweigleisig ausgelegt. Sie überführte mit einer Gesamtlänge von circa 100 Metern das Tal des Wilden Grabens. Die Inbetriebnahme des Bauwerkes erfolgte am 10. Mai 1847.
Nach der Inbetriebnahme der Gotha - Leinefelder Eisenbahn im Jahre 1870 wurde der Gothaer Viaduktes zu verschiedenen Bauzeiten mehrfach erweitert. Die erste erfolgte 1896/1897 durch eine Verbreiterung der Bogenbrücke von 1847 auf der südlichen Seite um ein drittes Gleis. Bis 1920 kamen auf der südlichen und nördlichen Seite je eine Dreigelenkbogenbrücke hinzu. Als eigenständige Bauwerke schlossen diese die ursprüngliche Bogenreihenbrücke in sich ein und veränderten die Ansicht des Bauwerkes grundlegend.
Im Zweiten Weltkrieg war das Bauwerk mehrfach Ziel alliierter Luftstreitkräfte, bei denen es unversehrt blieb. Zur Sprengung kam es wegen des schnellen Kriegsendes und der kampflosen Übergabe der Stadt Gotha am 4. April 1945 an die US-Truppen, trotz vorbereiteter Sprengkammern nicht. Seit den 1950er-Jahren stellte speziell der ursprüngliche Mittelteil des Bauwerkes die Unterhaltungsdienststellen der Reichsbahndirektion Erfurt vor immer neue Probleme. Letztlich führte die mehrfach zur Herabsetzung der Geschwindigkeit und zum
Fahrplanwechsel im Herbst 1989 auf zehn Stundenkilometer.
Nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze im November 1989 erlangte die Eisenbahnstrecke Bebra - Erfurt, als Teil der wichtigen der Ost-West-Verbindung Berlin - Halle (Saale) - Erfurt - Frankfurt am Main, ihre ursprüngliche Bedeutung.
1991 beschloss die Bundesregierung im Vorgriff auf einen neuen, gesamtdeutschen Verkehrswegeplan
17 Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Dazu zählte das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 7, Ausbaustrecke Bebra – Erfurt.
Der Neubau des Gothaer Viaduktes war eines der ersten Großvorhaben dieses Projektes. Die Fachgruppe Brücken des Entwurfs- und Vermessungsbüro (EVDR) Bahn-Consult, Büro Erfurt, übernahm die Projektierungsarbeiten. Die Wayss &
Freytag AG als Generalauftragnehmer war das gleiche Unternehmen, welches bereits im Jahr 1915 die beiden Dreigelenkbogenbrücken errichtet hatte.
Um den Eisenbahnbetrieb aufrecht zu erhalten, wurden die beiden Fahrbahnplatten außerhalb des Bauwerkes hergestellt und in einem entwickelten Einschubverfahren auf die unter dem alten Bauwerk hergestellten Pfeiler eingeschoben.
Am 15. August 1991 fand die Grundsteinlegung statt. Die Bauphase gestaltete sich schwierig und komplex. Besondere Herausforderungen und öffentlichkeitswirksam waren die Sprengungen der südlichen und nördlichen Dreigelenkbogenbrücken. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme des neuen Brückenbauwerkes endete mit der Aufnahme des Zugbetriebes am 10. Dezember 1992.
Das Gesamtvorhaben wurde am
19. Oktober 1993 seiner Bestimmung übergeben. Die Baukosten beliefen sich auf circa 68 Millionen D-Mark. Heute erinnert dieses moderne Bauwerk mit seiner Sandsteinverblendung aus Seeberger Rhät-Sandstein an den alten über
140-jährigen Gothaer Viadukt und ist zu einem Wahrzeichen der Stadt Gotha geworden.
Klaus-Dieter Erdmann aus Gotha forscht als Mitglied im Briefmarkensammlerverein zur Eisenbahngeschichte.