Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Eine Medaille für alle
Volle Tribüne bei Olympia-Empfang für Geher Jonathan Hilbert und Sprinter Julian Reus
Felix Aßmus fragte vorsichtig: „Darf ich die Medaille mal anfassen.“„Aber klar, das ist eine Medaille für alle“, sagte Jonathan Hilbert zum Sohn von Hindernis-Bundestrainer Enrico Aßmus. Den ganzen Nachmittag wanderte das 600 Gramm schwere Olympia-Silber durch die Hände der Gäste beim Empfang für die Leichtathletik-Helden von Tokio und Sapporo.
Hilbert hatte sensationell beim 50 Kilometer Gehen das Podest gestürmt und Julian Reus war bei seinen dritten und letzten Spielen mit der 4 x 100-m-Staffel ins Finale eingezogen und Sechster geworden.
Der Thüringer Leichtathletik-Verband (TLV) hatte Trainer, Unterstützer, Trainingsgefährten und die Familien in die Hartwig-Gauder-Halle eingeladen, um mit den Athleten zu feiern. Und die Tribüne war voll.
„Es gibt keinen besseren Platz als diese Halle für die Ehrung nach dieser Sternstunde für die Thüringer Leichtathletik“, sagte Heinz-Wolfgang Lahmann, Präsident des TLV, in Erinnerung an den verstorbenen Geher-Olympiasieger. Hilbert und Reus lobten vor allem das Team, das hinter ihren Erfolgen stand.
Gerade Hilbert brauchte im Vorfeld viel medizinische Hilfe von Dr. Gerald Lutz und Physiotherapeut Torsten Rocktäschel. Er dankte seiner Mentaltrainerin Julia Zanev aus Riechheim, mit der er seit fünf Jahren zusammenarbeitet. „Er hatte seinen Olympia-Wettkampf schon bei mir in der Praxis absolviert und unser Motto ,Ich wachse über mich hinaus’ mitgenommen“, erzählte Zanev. Trainer Petro Zaslavskyy berichtete, wie er bei Kilometer 40 wusste, „dass Jonathan mit seiner mentalen Stärke und besten Technik im Feld etwas ganz Großes erreichen könnte“. Auch die Trainingskumpel Karl und Otto Junghannß gratulierten. Karl hatte wegen einer Verletzung die Spiele knapp verpasst, stand als Ersatzmann bereit. „Im Training sind wir nicht weit weg. Johnnys Erfolg gibt mir Mut, beim nächsten Mal mit dabei zu sein“, sagte Junghannß.
Zwei WM und die Heim-EM machen Hilbert Lust auf neue Erfolge
Im März steht die Team-WM im Oman an, wohin sie von Weißrussland verlegt wurde. Dann folgt die WM in Eugene/USA und als Höhepunkt die Heim-EM in München. Die längste Distanz heißt dann 35 km, nachdem der 50-iger zum Leidwesen vieler Athleten vom Weltverband abgeschafft wurde.
Julian Reus, dessen erster Erfurter Trainer Heinz Schmidt (81) sogar gekommen war, muss sich keine Gedanken mehr um den nächsten
Sprint machen. Er freut sich mit seiner Frau Anne und Töchterchen Ella erstmal auf den Urlaub in Italien an der Adria und im November auf das zweite Kind der Familie Reus. „Termin ist übrigens der 11.11. Da würden wir in Köln ganz groß rauskommen“, lachte Reus, der über ein Studium in Sport- und Leistungspsychologie nachdenkt. „Trainieren werde ich auch etwas, damit der Körper akzeptabel bleibt.“
Geschenke gab es auch für die Sportler. Arnd Heymann von der Thüringer Sporthilfe hatte BugaKarten mitgebracht. Kerstin Wiesel und Ralf Volbeding von Hilberts Verein LG Ohra Energie schleppten einen Olivenbaum in die Halle. „Bei Olympia gab es früher den Olivenzweig, wir haben passend ein Bäumchen mitgebracht“, sagte Wiesel. Hilbert maß mit den Augen kurz nach. Passt rein. Hoffentlich. In den schwarzen Golf GTI.