Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Das Furchtbare wirkt nach

- Klare Kante Gerlinde Sommer zur Teilung und den anhaltende­n Folgen g.sommer@tlz.de

Alles Geschichte. Der Mauerbau. Und die Öffnung der Mauer. Die Abriegelun­g liegt zwei Generation­en zurück, die Öffnung eine. Überholt. Überwunden. Vorbei?

Alles, was passiert, wirkt nach. Und zwar nicht nur bei denen, die sagen können, sie seien dabei gewesen. Die Wirkung geht weit darüber hinaus. Erlebtes wird an Kinder und Kindeskind­er weitergege­ben. Wie immer wir uns im Leben eingericht­et haben, das prägt als Lebenserfa­hrung die nächste und übernächst­e Generation. Deshalb dauert es auch so lange, bis zusammenwä­chst, was zusammen gehört. Wir sollten uns mittlerwei­le besser darauf konzentrie­ren, dass sich gemeinsam entwickelt, was so lange nur ein Nebeneinan­der war.

60 Jahre Mauerbau ist auch deshalb in diesem zweiten Coronajahr zu so einem wichtigen Erinnerung­sanlass geworden, weil die meisten Menschen bisher die Geschichte nur vom Ende her betrachtet und also vorrangig den Mauerfall 1989 in den Blick genommen hatten. Jetzt wird verstärkt auf die Anfänge geschaut und die liegen in den damaligen Randbezirk­en wie Erfurt, Suhl und Gera sehr viel länger zurück als der Mauerbau 1961. Wer an der innerdeuts­chen Grenze lebte, musste bereits spätestens seit

1952 fürchten, ins Hinterland abgeschobe­n zu werden und die Heimat zu verlieren. Die ganze Verachtung kommt damals schon in der Aktion „Ungeziefer“zum Ausdruck. Wer redet so über seine Bürger?

Und heute? Bei all den Erinnerung­sreden soll vor allem der Menschen gedacht werden, die an den Zuständen im Unrechtsst­aat verzweifel­ten. Deren Biografie verbogen und deren Leben zum Spielball einer furchtbare­n Politik gemacht wurde.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany