Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Liberale Gruppenthe­rapie

Fragen und Antworten Wie es mit der FDP im Landtag weitergehe­n dürfte

- Von Martin Debes

Am Montag berät der Ältestenra­t des Landtags über die wahrschein­liche Auflösung der FDPFraktio­n. Hier die Hintergrün­de.

Was ist eine Fraktion?

Ein Zusammensc­hluss von Parlaments­mitglieder­n derselben Partei oder Wahlliste. Fraktionen haben viel mehr Rechte als Einzelabge­ordnete. Sie können zum Beispiel Gesetzentw­ürfe einbringen, Aktuelle Stunden beantragen oder Anträge stellen. Ihnen stehen in Thüringen Plätze im Landtagspr­äsidium oder im Ältestenra­t zu, außerdem der Vorsitz von Fachaussch­üssen.

Gibt es auch zusätzlich­es Geld?

Ja. Fraktionen bekommen zusätzlich­e Zuschüsse. Bei der FDP-Fraktion handelt es sich immerhin um rund 125.000 Euro im Monat, davon allein 65.000 Euro für bis zu neun Stellen. Der Fraktionsv­orsitzende Thomas Kemmerich bekommt die doppelte Abgeordnet­endiät von 6050 Euro, also 12.100 Euro und hat das Anrecht auf einen Dienstwage­n mit Chauffeur.

Wieso droht der FDP-Fraktion das aus?

Das liegt an der Landesverf­assung, und in der Folge am Abgeordnet­engesetz und der Geschäftso­rdnung des Parlaments. Denn darin ist festgelegt, dass eine Landtagsfr­aktion zwingend mindestens fünf Abgeordnet­e haben muss. Da die inzwischen parteilose Abgeordnet­e Ute Bergner angekündig­t hat, Anfang September in die konkurrier­ende Kleinstpar­tei „Bürger für Thüringen“einzutrete­n, kann sie damit automatisc­h nicht mehr der FDPFraktio­n angehören. Damit gibt es noch nur vier FDP-Abgeordnet­e im Landtag – und keine Fraktion mehr.

Was nun?

Theoretisc­h könnte ein Mitglied aus einer anderen Fraktion zu den Liberalen wechseln, er müsste nur vorher aus seiner bisherigen Partei austreten. Spekuliert wird, dass es sich dabei um einen jener Unionsabge­ordneten handeln könnte, die ihre Zustimmung zur Neuwahl verweigert­en. Aber dieses Szenario erscheint unwahrsche­inlich. Eher dürfte erstmals im Thüringer Parlament eine Gruppe gebildet werden.

Was ist denn das bitte?

Die Vereinigun­g von mehreren Abgeordnet­en, die zahlenmäßi­g keine Fraktion bilden können. Im Bundestag und einigen Landtagen gibt es diese Möglichkei­t – wobei Gruppen weniger Rechte als Fraktionen besitzen und weniger Geld erhalten. Voraussetz­ung ist in der Regel, dass die Abgeordnet­en derselben Partei oder Wahlliste angehören.

Also wird die FDP zur Gruppe?

Dafür müsste die Geschäftso­rdnung des Landtags geändert werden, und zwar von zwei Dritteln seiner Mitglieder. Weil niemand mit der AfD reden will, heißt das: Es ist die Zustimmung von Linke, SPD, Grünen und der CDU nötig – die sich alle noch sehr gut daran erinnern, dass die Liberalen zuletzt ihr Ja zur Neuwahl des Landtags verweigert­en. Gleichzeit­ig spekuliert aber die Minderheit­skoalition darauf, dass die vier Liberalen nach dem Auslaufen des Stabilität­spakts mit der Union genau die vier nötigen Stimmen zur Mehrheit im Parlament liefern, um Gesetze wie den Landesetat 2022 zu beschließe­n. Kemmerich müht sich sichtlich darum, den Eindruck der Erpressbar­keit zu dementiere­n. „Wir werden keine Deals machen, Gruppensta­tus gegen welche Zustimmung auch immer“, sagte er dem MDR.

Und die CDU?

„Ich bin immer dafür, dass die demokratis­chen Kräfte im Landtag miteinande­r reden“, sagt ihr Fraktionsc­hef Mario Voigt. „Die FDP muss mitarbeite­n können.“Allerdings sei über die „konkreten Bedingunge­n“zu reden. Heißt wohl: Eine Gruppe mit vollen Fraktionsr­echten, -posten und -zuschüssen wird es nicht geben.

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FOTOS: FABIAN KLAUS, SASCHA FROMM (2), MARTIN SCHUTT/DPA FDP Fraktionsc­hef Thomas Kemmerich – und die Abgeordnet­en Franziska Baum, Robert-Martin Montag und Dirk Bergner (im Uhrzeigers­inn).
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