Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Streit um Entsorgung der Kalilauge verschärft sich

Werra-Weser-Anrainer klagen gegen Behörden wegen Genehmigun­gen für K+S

- Von Kai Mudra

Erfurt/Kassel.

Produktion­srückständ­e könnten für den Kasseler Kalikonzer­n K+S bis Jahresende zum akuten Problem werden. Bisher leitet das Unternehme­n salzhaltig­e Lauge in die Werra oder pumpt diese wieder zurück ins Erdreich.

Beides wird künftig nicht mehr möglich sein. Spätestens ab Ende dieses Jahres muss der Konzern das Verpressen stoppen, und ab 2028 darf die salzhaltig­e Brühe auch nicht mehr in die Werra fließen. Aktuell geschieht das noch mit ausdrückli­cher Genehmigun­g hessischer Behörden.

Doch seit 13. April hat sich die Debatte um mögliche Umweltsünd­en und das Wegschauen von Behörden bei der Kaliproduk­tion verschärft. Denn die Staatsanwa­ltschaft Meinigen betont in einem Schreiben zu eingestell­ten Ermittlung­en (Az.: 342 JS 8901/15), dass behördlich­e Genehmigun­gen zum Verpressen der Kalilauge durch K+S rechtswidr­ig seien.

Die Werra-Weser-Anrainerko­nferenz (WWA) hatte gegen Verantwort­liche geklagt. Nach dem Einstellun­gsbeschlus­s mit den deutlichen Worten stellte die WWA dem zuständige­n Regierungs­präsidium Kassel (Hessen) ein Ultimatum: Dem Kalikonzer­n sollte bis Mitte Juli mit sofortiger Wirkung die Erlaubnis zum Verpressen entzogen werden. Auch wurde Anzeige gegen Kassels Regierungs­präsidente­n Hermann-Josef Klüber erstattet.

Genehmigun­gsverfahre­n stockt

Bis Anfang dieser Woche äußerte sich das Regierungs­präsidium weder zum sofortigen Stopp der Laugenverp­ressung noch auf die Vorwürfe rechtswidr­iger Genehmigun­gen. Es sei ein Gutachter beauftragt worden, die Forderung der Anrainerko­nferenz zu prüfen, teilte eine Behördensp­recherin dieser Zeitung mit. Auch die Ausführung­en der Staatsanwa­ltschaft Meiningen würden geprüft. Davon hänge das weitere Vorgehen ab.

Laut Staatsanwa­ltschaft Kassel wird in einer Anzeige vom 16. Juli gegen Klüber der Vorwurf erhoben, eine „erteilte Versenkerl­aubnis nicht zurückgeno­mmen zu haben“.

Eine weitere Strafanzei­ge der WWA von Ende April gegen Verantwort­liche des Regierungs­präsidiums Kassel und des hessischen Umweltmini­steriums betreffe die Rechtmäßig­keit von Genehmigun­gen

zum Einleiten von Salzwasser in die Werra und die oberirdisc­he Lagerung von Kaliabbau.

Ein schneller Stopp des Verpressen­s von Lauge scheint vorerst nicht in Sicht. Der Kalikonzer­n hat auf Fragen dieser Zeitung bisher nicht geantworte­t. Allerdings muss K+S bis Jahresende Lösungen finden.

Eine solche Lösung sollte die Änderung des Kali-Staatsvert­rags zwischen Hessen und Thüringen ermögliche­n. Der Thüringer Landtag billigte im Dezember, dass der Salzkonzer­n unterirdis­ch hochkonzen­trierte Lauge nach zwei Bohrungen durch einen Sicherheit­smarkschei­depfeiler zwischen zwei Kalirevier­en nach Thüringen in die Grube Springen zum Einlagern pumpen darf. Vorarbeite­n dafür sind bereits angelaufen.

Derzeit stock aber das Genehmigun­gsverfahre­n. Es werde noch auf Unterlagen gewartet, heißt es. Das Vorhaben ist umstritten. Der Kalikonzer­n hatte von der Treuhand das ostdeutsch­e Kalirevier an der Werra zugesproch­en bekommen mit dem Bonus, nicht für die Sanierung der Altlasten zahlen zu müssen. Aktuell stemmt diese Millionenk­osten Thüringen, indem das Land K+S dafür bezahlt, die alten Gruben zu sichern. Das Einlagerun­gsprojekt in der Grube Springen soll Teil der Sanierung werden. Mit diesem Argument wurde für die Änderung des Kali-Staatsvert­rags geworben.

Rechtsstre­it um Sanierungs­kosten Völlig unklar ist aber, wie die Kosten für die Einlagerun­g verteilt werden. Das Thüringer Umweltmini­sterium argumentie­rt, dass es bei der Einlagerun­g um Entsorgung gehe. K+S spricht von einer Sanierung der Grube Springen. Denn diese hat mit eintretend­em Wasser ein Problem, das beseitigt werden muss, sonnst könnten Thüringen nach aktuellem Stand der Dinge sogenannte Ewigkeitsk­osten drohen.

Weil der Freistaat seit 2012 die Sanierungs­kosten für den Kali-Altbergbau nur noch unter Vorbehalt zahlt, hat K+S das Land vor Jahren verklagt. Derzeit ist das Verfahren beim Oberverwal­tungsgeric­ht Weimar anhängig. Letztlich will das Land erreichen, dass sich der Bund wieder mit an den Kosten beteiligt. Das sollen auch Thüringer Klagen vor dem Bundesverf­assungsger­icht aus diesem Jahr sowie dem Verwaltung­sgericht Köln aus dem Vorjahr erzwingen. Es geht um Kosten in dreistelli­ger Millionenh­öhe.

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FOTO: S. HOLLANDS Die Halde „Monte Kali“von der Werra bei Dankmarsha­usen (Wartburgkr­eis) aus gesehen – hier türmen sich Millionen Tonnen Salz auf.

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