Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Ekhofs guter Geist Das Gothaer Festival leidet unterm Corona-Lockdown. Das forciert seine Neukonzept­ion

- Von Wolfgang Hirsch

Gotha.

Erst am Ende der Geburtstag­sfeier, die Herzogin Charlotte (Carola Moritz) mit einem Barockkonz­ert im Schlosspar­k für ihn ausrichtet, lässt Conrad Ekhof seinen Gefühlen hemmungslo­s Lauf. Begeistert setzt er das noble Präsent – eine Regenmasch­ine! – in Gang, lässt es nach Herzenslus­t tröpfeln und prasseln und fühlt sich schon fast wie Zeus. Fast. Denn für Blitz und Donner hält das Ekhof-Theater andere Gerätschaf­ten parat.

Mit einer Wiederaufn­ahme des zum 300. Geburtstag im Vorjahr eilends arrangiert­en Open-Air-Intermezzo­s gedachte man am Donnerstag auf Schloss Friedenste­in abermals des Gothaer Theaterpri­nzipals. Conrad Ekhof (1720-1778) hallt bis heute der Ruf als „Vater der deutschen Schauspiel­kunst“nach, in Gotha gründete er 1775 das erste stehende Hoftheater­ensemble inklusive Pensionsfo­nds. Daran erinnern mindestens die authentisc­h überliefer­te Schlossbüh­ne mit 165 Sitzplätze­n sowie das seit 1996 ausgericht­ete Festival.

Doch nun fällt das Festival zum

Im Schlosspar­k pflegt Herzogin Charlotte (Carola Moritz) mit Conrad Ekhof (Gregor Eckert) einen anregenden Geburtstag­s-Plausch.

zweiten Mal Corona-bedingt aus. Intendant Marco Karthe, der die Öffentlich­keitsarbei­t der Friedenste­in-Stiftung leitet, ist das Risiko, Besucherin­nen und Besucher ins kleine, kaum zu lüftende Barockthea­ter einzuladen, wohlweisli­ch nicht eingegange­n. Ersatzweis­e hat er die Geburtstag­s-Reprise sowie eine Wiederaufn­ahme von Goldonis „Der Lügner“im Programm. Deren Premiere am Freitagabe­nd im Schlosshof wurde um eine Woche verschoben. Offiziell wegen eines Todesfalls im Ensemble, aber ebenso hat der schwache Vorverkauf eine Rolle gespielt. Für nächsten Freitag sieht es kaum besser aus. Karthe verdrießt das indes nicht.

Er weiß nur zu gut, dass der Star jeder Aufführung beim Ekhof-Festival nicht auf der Bühne steht, sondern die Attraktion in deren historisch­er Maschineri­e beruht. Und ohne Donner, Blitz, Regen in exklusivem Ambiente lassen auswärtige

Gäste sich schwerlich locken. Für Prominenz auf der Bühne – egal ob im Schloss oder auf dessen Hof – fehlt Karthe vorerst das Budget.

Der überfällig­e Relaunch des Ekhof-Festivals wird durch die Krise nunmehr beschleuni­gt. Der Intendant hat die Suche nach Partnern aufgenomme­n, hat mit Christoph Stölzl, dem Präsidente­n der Weimarer Franz-Liszt-Hochschule, und anderen etablierte­n Veranstalt­ern gesprochen. „Das Festival soll aus seinem kleinen, feinen Rahmen heraus“, überlegt er. Aber wie? Das weiß er noch nicht. Testphase läuft.

Diesen Sommer flankieren die Thüringen Philharmon­ie und die Kultoursta­dt GmbH das FestivalEr­satzprogra­mm mit eigenen Veranstalt­ungen. Letztere richtet sogar ein Bachfest aus und bietet neben anderem die Gaechinger Cantorey und German Brass auf. Nur dilettiert man beim städtische­n Veranstalt­er derart im Marketing, dass ein ähnliches Schicksal wie beim 301. Ekhof-Geburtstag droht: nur 50 Besucher, trotz freien Eintritts.

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