Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Gegen Krise und Zeitgeist Pfarrer Alexander Caesar führt seit einem Jahr das Kirchspiel Sonneborn. Wechsel von Franken nach Thüringen
Sonneborn.
Alexander Caesar hat es von Illesheim, im Herzen Frankens, in den Landkreis Gotha verschlagen. Seit einem Jahr ist er Pfarrer in Sonneborn. Anfang September 2020 hatte er dort die Nachfolge von Pastorin Mariana Willer angetreten, die nach Jena gewechselt war.
Von außen betrachtet war Caesars Schritt von der Bayrischen Landeskirche nach Thüringen einer in die Diaspora. In Franken sind evangelische Gemeinden viel stärker Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens als hierzulande, auch materiell gut ausgestattet. Es gibt Gottesdienste mit Hunderten Besuchern, 250 Ehrenamtliche, das bei ähnlicher Gemeindegröße wie hier, vergleicht Caesar. Doch trotz der äußerlich guten Rahmenbedingungen dort hat er den Wechsel vollzogen. Er wolle nicht dem Zeitgeist hinterherlaufen.
Alexander Caesar (42 Jahre) ist in Kulmbach geboren, hat in Neuendettelsau und Leipzig Theologie studiert. In Sonneborn hat er seine fünfte Pfarrstelle übernommen.
Nähe, Begleitung und Verständnis für Menschen sind gefragt
2019, bei einer Auszeit im Kloster Volkenroda, ist der Franke auf die Gemeinde dort aufmerksam geworden. Damals habe er in dem Kloster Ruhe, Rückzug und Abgeschiedenheit auf Zeit gesucht. Volkenroda sei das einzige Kloster gewesen, wo das kurzfristig möglich war. „Ich habe dort gespürt, dass ich dort nicht zufällig bin. Der Weg nach Sonneborn war für mich dann klar.“
Sein Ansatz von Kirche ist, bei Menschen an Ort und Stelle zu sein. „Für mich ist das der Schlüssel, dass wir als Kirche in der Gesellschaft wieder relevant werden.“Wenn er die Debatten um Missbrauchsfälle, Marketing, Macht und Geld verfolgt, stellt er fest, dass Kirche ihre Bestimmungen verfehlt. Vielmehr gelte es Antworten darauf zu finden, was Menschen in Krisenzeiten wie
Zweimal wöchentlich hält Pfarrer Caesar mit Kantor Johannes Götze Andachten im Garten der Kirche Sonneborn. Das erfährt regen Zuspruch. Kleines Foto: Pfarrer Alexander Caesar.
jetzt benötigen. „Die eine Antwort darauf gibt es aber nicht. Die ist so unterschiedlich wie die Menschen.“Wenn es etwas brauche, dann sei es Nähe, Begleitung und Verständnis für Menschen, Seelsorge im besten Sinne.
Während des zurückliegenden Corona-Jahrs habe er ungewöhnlich viele Beerdigungen erlebt und Angehörige dabei begleitet. Das unter schwierigen äußeren Rahmenbedingungen. Teilweise habe die Wartezeit bis zur Bestattung sechs Wochen betragen. „Die Menschen können nicht abschließen“, benennt Caesar eine Folge davon. Andere Fehlentwicklungen sind für ihn, dass seit Jahrzehnten das Sterben in Krankenhäuser, Hospize oder Altenheime geschoben und verdrängt werde, die Überalterung der Gesellschaft zunimmt, ebenso Vereinsamung. „Jetzt werden wir damit konfrontiert.“
Corona bringe die Gesellschaft an ihre Grenzen, das in jeglicher Hinsicht. „Die Menschen müssen überlegen, was der Sinn im Leben bleibt.“Er wolle die unterschiedlichen Gaben von Menschen vor Ort stärken, füreinander da zu sein, sagt der Vater von drei Kindern.
Die Pfarrstelle Sonneborn umfasst fünf Orte, neben dem Amtssitz in Sonneborn gehören Eberstädt, Brüheim, Friedrichswerth und Haina dazu. Sie bildet mit der EmmausGemeinde Goldbach-Wangenheim, der Pfarrstelle Behringen und Siloah in Neufrankenroda die Region Nessetal-Hainich im Westen des Kirchenkreises. „Wir sind ein tolles Team“, sagt Caesar über die Zusammenarbeit mit Amtsbrüdern- und -schwestern der Nachbargemeinden. „Wir haben uns schnell zusammengefunden, vielleicht auch durch die Krise.“So spontan wie während der zurückliegenden Monaten Bestattungen organisiert worden seien, werde mittlerweile alles organisiert.
Als bestes Bespiel dafür nennt er die Konfirmation. Vergangenes Jahr konnte diese erst im September durchgeführt werden. Dieses Jahr sei die erste Hälfte der Gruppe zu Pfingsten konfirmiert worden, für die andere Hälfte sei das nach Corona-Zahlen kurzfristig entschieden worden. Es waren auch nur neun Konfirmanden, räumt Caesar ein. „Die Zahlen werden auch wieder besser.“Die Jugendarbeit sehe er als einen Schwerpunkt seines Tuns und Wirkens an.
In seinem Optimismus wird er durch den Zuspruch bestärkt, den die Dienstag- und Donnerstagandachten im Freien erfahren. Diese führt der Pfarrer mit Kantor Johannes Götze aus Sonneborn wöchentlich durch. Im Rahmen dessen, was erlaubt ist, betont Caesar mit Blick auf Hygiene-Vorschriften. Es werde im Freien gesungen, geredet und gebetet. Auch über Onlinekanal suche er den Kontakt zu Gemeindemitgliedern.
Der Zulauf bestärkt ihn. Kamen vordem vier bis fünf Menschen zum Gottesdienst, so seien es jetzt zu Andachten 40 bis 50 die Woche. Jetzt von Aufbruchstimmung zu reden, das sieht Caesar als verfrüht an. Durch Corona seien die Möglichkeiten noch zu begrenzt. Aber eins steht für ihn fest: „Die Krise bietet dafür aber eine Chance.“