Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Trotz Vollzeitjob droht Altersarmut
Gotha.
Ein Leben lang arbeiten – und trotzdem reicht die Rente nicht: Im Landkreis Gotha sind rund 7700 Vollzeitbeschäftigte selbst nach 45 Arbeitsjahren im Rentenalter von Armut bedroht. Davor warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und beruft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung.
Demnach verdienen 22,3 Prozent aller Beschäftigten, die im Kreis Gotha in Vollzeit arbeiten, weniger als 2050 Euro brutto im Monat. Rein rechnerisch müssten sie sogar mehr als 45 Jahre lang arbeiten, um auf eine Rente oberhalb der Grundsicherungsschwelle von aktuell 835 Euro zu kommen.
„Altersarmut ist kein Schreckensszenario in der Zukunft, sondern für viele Menschen längst Realität“, so Jens Löbel, Geschäftsführer der NGGRegion Thüringen, mit Blick auf die aktuelle Debatte. Das Rentenniveau, also die durchschnittliche Rente nach 45 Beitragsjahren bei mittlerem Verdienst, dürfe nicht weiter absinken.
Rentenniveau sinkt immer weiter
Seit dem Jahr 2000 sei das Rentenniveau bereits von rund 53 Prozent auf aktuell 48 Prozent abgesenkt worden. Das bedeute, dass Geringverdiener mit einem Einkommen von weniger als 2050 Euro brutto im Monat statt 42 nun fast 46 Jahre lang arbeiten müssten, um überhaupt noch die Grundsicherungsschwelle
im Alter zu erreichen. Aber vier Jahre länger an der Bäckereitheke oder in der Lebensmittelfabrik sei für viele Beschäftigten gesundheitlich gar nicht möglich, unterstreicht Löbel.
Die Unternehmen sind laut Gewerkschaft in der Pflicht, prekäre Beschäftigung zurückzufahren und Tarifverträge zu stärken. Im Hotel- und Gaststättengewerbe gebe es einen enormen Nachholbedarf, um Einkommen wirklich armutsfest zu machen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit verdienen in Thüringen aktuell rund 6800 von insgesamt 9300 Vollzeitbeschäftigten im Gastgewerbe weniger als 60 Prozent des bundesweit mittleren Monatseinkommens von 3427 Euro.