Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Es hilft nur Aufklärung
Immer wieder sind es anonyme Briefe, die brisante Details aus der Thüringer Polizei ans Tageslicht bringen. Vor Jahren waren es die Probleme mit dem neuen Bearbeitungsprogramm ComVor, die mittlerweile behoben scheinen. Es folgte Post aus dem Unstrut-Hainich-Kreis, in der mit drastischen Worten auf die Belastungen der eingesetzten Beamten hingewiesen wurde.
Jetzt kommt der nächste offene Brief, der sich mit dem mutmaßlichen Gebaren eines Beamten in Saalfeld befasst und auch den ExChef der Gewerkschaft der Polizei noch einmal in den Fokus stellt. Schnell wird klar, dass der Brief im Zusammenhang mit den Personalratswahlen gesehen werden muss, die in wenigen Tagen stattfinden. Denn beide kandidieren für die Personalvertretungen und im Anschluss an erfolgreiche Wahlen sind in der Regel begehrte Freistellungen vom Dienst zu vergeben.
Im Fall des Polizeigewerkschafters steht nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Erfurt fest, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Freispruch erster Klasse also. Im Fall des Beamten B. in Saalfeld wurde ein Urteil gesprochen, das zwar einer Vorstrafe gleich kommt, aber nicht zum Verlust des Beamtenstatus führt. Worüber also aufregen?
Die Frage nach der moralischen Verantwortung bleibt bisher in beiden Fällen unbeantwortet. Ebenso übrigens wie die Frage nach disziplinarischen Konsequenzen. Dass diese Aufarbeitung ausbleibt, sorgt bei vielen Polizistinnen und Polizisten für Kopfschütteln – in der Bevölkerung ohnehin. Die Polizeispitze zeigt sich hier führungsschwach. Eine Gegensteuern gelingt nur mit Aufklärung und Transparenz.