Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Zunehmende­s Pöbeln

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Haben Sie es mitgekrieg­t? RotRot-Grün würde gerne mit der CDU einen neuen Bund fürs Leben eingehen. Okay, zugegeben: Da sind die Gäule mit uns durchgegan­gen beziehungs­weise der Wunsch nach Harmonie. Es wäre wohl eher ein Bündchen für gewisse Stunden, das allerhöchs­tens bis 2024 Gültigkeit hätte. Wenn überhaupt.

So versuchte es SPD-Fraktionsc­hef Matthias Hey am Mittwoch beim traditione­llen Pressegesp­räch vor der Landtagssi­tzung in der kommende Woche mit einer etwas verunglück­ten Art der Schmeichel­ei. Der Sozialdemo­krat gestand, von ihm aus könne es gerne sofort einen neuen Stabilität­spakt geben, damit könne man nämlich vielleicht sicherstel­len, dass dieses „ständige Reingegrät­sche“der CDU in die Landespoli­tik ein Ende habe.

Auch das Liebeswerb­en des kleinsten Partners im Minderheit­enbündnis hatte einen eher kratzbürst­igen Charme. Die bündnisgrü­ne Fraktionsv­orsteherin Astrid Rothe-Beinlich zeigte sich zwar „durchaus offen“für einen neuen Pakt. Gab sich allerdings keinen Illusionen hin und attestiert­e der Union ein „zunehmende­s Pöbeln“.

Der CDU-Fraktionsv­orsitzende wies diese Feststellu­ng ganz entschiede­n zurück. Man sei als bürgerlich­e, konservati­ve Partei wenig dafür bekannt zu pöbeln. „Das sieht man schon allein daran, dass wir, glaube ich, mit die am anständigs­ten Angezogene­n sind“, sagte Mario Voigt.

Das war offenbar der verunfallt­e Versuch einer Kausal-Etikette.

So oder so bleibt es weiter spannend, wie und vor allem wie lange es mit R2G noch weitergeht. Zumal Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) mit einem sehr offenen Satz den Zustand des Trios jüngst treffend zusammenfa­sste: „Von der Idee, dass es eine gemeinsame, rotrot-grüne Erzählung gibt, muss man sich verabschie­den.“

Zudem teilte ihr Parteichef Georg Maier – mit seiner Panzerfür-die-Ukraine-Forderung vom Landesinne­n- zu einer Art Bundesauße­nminister avanciert – gegen Bodo Ramelow aus: Der linke Ministerpr­äsident relativier­e den „russischen Eroberungs- und Vernichtun­gskrieg“in der Ukraine, wenn er diesen „auf dieselbe Stufe wie die türkische Aggression“stelle.

Ramelow indes hat bald eventuell andere Sorgen, als sich über renitente Kabinettsm­itglieder zu ärgern. Er könnte einen seiner intellektu­ellsten Köpfe verlieren. Denn Benjamin-Immanuel Hoff, der Ressortche­f mit der für Visitenkar­ten etwas sperrigen Amtsbezeic­hnung „Minister für Kultur, Bundes- und Europaange­legenheite­n und Chef der Staatskanz­lei und Beauftragt­er der Landesregi­erung für jüdisches Leben in Thüringen und die Bekämpfung des Antisemiti­smus“könnte sich perspektiv­isch einer anderen Dauerbaust­elle zuwenden. Schließlic­h tauscht die langzeitkr­iselnde Linke nach dem Abgang der Erfurterin Susanne Hennig-Wellsow gleich die komplette Führungsri­ege aus.

Und auf die Frage, ob er selbst im Juni für den Bundesvors­itz kandidiert, antwortete Hoff: „Jeder verantwort­ungsvolle Akteur stellt sich diese Frage derzeit.“

Klingt, als sei er aktuell arbeitstec­hnisch nicht ausgelaste­t.

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