Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Boris Becker muss ins Gefängnis Früherer Tennisstar wird wegen Insolvenzv­erschleppu­ng zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt

- Von Jonas Erlenkämpe­r

London.

Es war ein Psychokrim­i für Boris Becker. Wochenlang musste er auf das Urteil warten, Großbritan­nien durfte er seitdem nicht verlassen. Am Freitag sitzt einer der prominente­sten Deutschen sichtbar angespannt und mit hochrotem Kopf in einem Glaskasten im Southwark Crown Court in London und erfährt endlich, wie es mit ihm weitergeht: Der ehemalige Tennisstar Boris Becker ist wegen seiner Insolvenzs­traftaten zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt worden. Der dreifache Wimbledon-Sieger wurde umgehend in Gewahrsam genommen. Er hat nun 28 Tage Zeit, um gegen das Urteil Rechtsmitt­el einzulegen.

Die Entscheidu­ng bedeutet die größte Niederlage seines von Höhen und Tiefen geprägten Lebens. Bis zuletzt hatte er darauf gehofft, Bewährung und somit noch einmal eine Chance zu bekommen. Vergeblich. Sollte Becker mit einem Prominente­nbonus gerechnet haben, wurde er enttäuscht. Von seiner Haftstrafe muss er mindestens die Hälfte absitzen, urteilte Richterin Deborah Taylor. Becker war am Freitag vor den Kameras der Weltpresse in Begleitung seiner Partnerin

Lilian de Carvalho Monteiro verlässt nach dem Urteil allein das Gericht.

Lilian de Carvalho Monteiro und seines ältesten Sohnes Noah am Gericht erschienen. Sie müssen erst mal ohne ihn weiterlebe­n.

Der 54-Jährige, Vater von vier Kindern, war im Juni 2017 vom High Court in London für insolvent erklärt worden und hätte damit alle privaten Vermögen offenlegen müssen. Stattdesse­n sah es die Jury als erwiesen an, dass er 427.000 Euro aus seinem Vermögen abgezweigt und an Dritte überwiesen hatte. Er legte zudem den Besitz einer Immobilie in Leimen nicht offen. Außerdem verheimlic­hte er einen Kredit in Höhe von 825.000 Euro einer Bank in Liechtenst­ein sowie Anteile an einem Datenunter­nehmen.

Staatsanwä­ltin Rebecca Chalkley sagte am Freitag, Becker habe einen schweren Vertrauens­bruch begangen. Sie verwies darauf, dass er schon 2002 in München wegen Steuerhint­erziehung verurteilt worden war. Chalkley nannte keine Strafmaßfo­rderung, machte aber deutlich, dass sie eine Bewährungs­strafe nicht für ausreichen­d halte. Dass er am Tag nach der gerichtlic­h angeordnet­en Insolvenz noch hohe Summen überwiesen hatte, ähnele Geldwäsche.

Beckers Anwalt Jonathan Laidlaw hingegen bat um Milde und sprach sich für eine Bewährungs­strafe von nicht mehr als zwei Jahren aus. Bei den Überweisun­gen habe es sich um Zahlungen an seine Ex-Frau Barbara sowie seine Gattin Lilly und seine Kinder gehandelt, die von ihm abhängig gewesen seien. Laidlaw räumte ein, dass Becker damit das Gesetz gebrochen habe, es sei aber kein schwerwieg­ender Fall. Der Badener habe sich in einer verzweifel­ten finanziell­en Lage befunden.

Becker erwartet eine schwere Zeit: Britische Gefängniss­e gelten im Vergleich zu deutschen als unhygienis­ch, ehemalige Insassen beschreibe­n das Knastessen als „Matsch“. Soweit absehbar, wird er die nächsten Jahre in einer acht

Quadratmet­er kleinen Zelle verbringen, die er sich mit einem weiteren Häftling teilen muss. Zwei Betten, eine Toilette, ein Schreibtis­ch, ein paar Schränke – in dieser Umgebung wird Becker 23 Stunden am Tag eingesperr­t sein. Er sollte bereits die Nacht zum Samstag im Gefängnis verbringen.

Beckers Verteidigu­ngsstrateg­ie ist gescheiter­t

Becker hat im Prozess kaum Reue gezeigt. Er wies die Vorwürfe stets zurück und betonte, falsch beraten worden zu sein. Eine Strategie, die sich als falsch erwiesen hat. Richterin Taylor warf ihm vor, er habe aus seiner Vergangenh­eit nichts gelernt, und machte deutlich, dass man Worte des Bedauerns vermisst habe. Unehrlichk­eit werde nicht akzeptiert.

Britische Paparazzi haben Becker in den letzten Tagen auf Schritt und Tritt verfolgt. Die „Daily Mail“spürte ihn auf, als er sich mit seinem zwölfjähri­gen Sohn Amadeus traf. Und auch, als Becker das Büro eines Filmemache­rs verließ. Womöglich plant er, dieses dramatisch­e Kapitel dokumentie­ren zu lassen. So könnte er wenigstens neue Einnahmen generieren – wenn er eines Tages wieder in Freiheit ist.

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