Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Für Bummelei die Note sechs

- Klare Kante Nils R. Kawig kommentier­t den Lehrermang­el in Thüringen n.kawig@tlz.de

Viele Lehrer haben es verstanden, manche Ministeria­le offenbar noch nicht: Der Lehrermang­el in Thüringen droht zum dauerhafte­n Problem zu werden. Nicht ohne Grund sprechen Pädagogen immer öfter potenziell­e Seiteneins­teiger an und fragen: „Wollen Sie nicht bei uns anfangen?“Am Rande von Elternaben­den oder beim Plausch zwischen Erwachsene­n auf dem Schulhof häufen sich derartige Anwerbever­suche.

Aus den Lehrerinne­n und Lehrern spricht die blanke Ohnmacht. Denn sie erleben täglich, wie Unterricht ausfallen muss, weil Kollegen krank oder abgeordnet oder Stellen nicht besetzt sind. Keine Seltenheit ist es, dass manche Fächer überhaupt nicht mehr unterricht werden, weil es am Fachlehrer mangelt. Da liegt es nahe, den Sportredak­teur zu fragen, ob er sich nicht eine Zukunft als Sportlehre­r vorstellen kann. Deutsch sei doch auch kein Problem.

Seiteneins­teiger allein werden das System aber nicht stabilisie­ren können. Es ist unerlässli­ch, dass die groß angekündig­ten Personalma­ßnahmen des Bildungsmi­nisteriums und seiner nachrangig­en Institute endlich Erfolg zeigen. Die größte Werbekampa­gne weit und breit taugt nichts, wenn Stellen trotzdem unbesetzt bleiben, weil es Vorbehalte gegenüber Seiteneins­teigern gibt oder Zulagen nicht zur Auszahlung kommen.

Ganz zu schweigen von solchen unplanbare­n Herausford­erungen wie der Ukraine-Krise: Plötzlich gilt es, Tausende Flüchtling­skinder zusätzlich in die deutschen Schulen aufzunehme­n und sie idealerwei­se mutterspra­chlich zu betreuen. So langsam, wie unsere Bürokratie arbeitet, wird das nie etwas. Die meisten Lehrer haben das verstanden.

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