Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Für Bummelei die Note sechs
Viele Lehrer haben es verstanden, manche Ministeriale offenbar noch nicht: Der Lehrermangel in Thüringen droht zum dauerhaften Problem zu werden. Nicht ohne Grund sprechen Pädagogen immer öfter potenzielle Seiteneinsteiger an und fragen: „Wollen Sie nicht bei uns anfangen?“Am Rande von Elternabenden oder beim Plausch zwischen Erwachsenen auf dem Schulhof häufen sich derartige Anwerbeversuche.
Aus den Lehrerinnen und Lehrern spricht die blanke Ohnmacht. Denn sie erleben täglich, wie Unterricht ausfallen muss, weil Kollegen krank oder abgeordnet oder Stellen nicht besetzt sind. Keine Seltenheit ist es, dass manche Fächer überhaupt nicht mehr unterricht werden, weil es am Fachlehrer mangelt. Da liegt es nahe, den Sportredakteur zu fragen, ob er sich nicht eine Zukunft als Sportlehrer vorstellen kann. Deutsch sei doch auch kein Problem.
Seiteneinsteiger allein werden das System aber nicht stabilisieren können. Es ist unerlässlich, dass die groß angekündigten Personalmaßnahmen des Bildungsministeriums und seiner nachrangigen Institute endlich Erfolg zeigen. Die größte Werbekampagne weit und breit taugt nichts, wenn Stellen trotzdem unbesetzt bleiben, weil es Vorbehalte gegenüber Seiteneinsteigern gibt oder Zulagen nicht zur Auszahlung kommen.
Ganz zu schweigen von solchen unplanbaren Herausforderungen wie der Ukraine-Krise: Plötzlich gilt es, Tausende Flüchtlingskinder zusätzlich in die deutschen Schulen aufzunehmen und sie idealerweise muttersprachlich zu betreuen. So langsam, wie unsere Bürokratie arbeitet, wird das nie etwas. Die meisten Lehrer haben das verstanden.