Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Nahrungsmittel und Ersatzmensch
Stadtmuseum Jena zeigt ab heute neue Ausstellung „Tierische Gefährten? Von Pferden, Hunden und Tauben in Jena“
Gebraten auf dem Teller oder lieber zum Kuscheln auf der Couch? Tiere nehmen in der Geschichte und in der Gegenwart eine bedeutende Rolle ein, und sind in unauflöslichen Beziehungen mit uns Menschen verzahnt. Als Nutztiere waren und sind sie Nahrungs- und Rohstofflieferanten, Transportmittel, Statusobjekt aber auch Helfer oder Beschützer. Heimtiere werden aus Freude und Interesse oder als Gefährten gehalten und zunehmend auch zu „Ersatzmenschen“.
Für das Jenaer Stadtmuseum hat Teresa Thieme nun die Ausstellung „Tierische Gefährten? Von Pferden, Hunden und Tauben in Jena“kuratiert. Bis 28. August ist die Schau in der Göhre zu sehen.
Die Ausstellung zeigt anhand historischer Exponate, Grafiken, Gemälde und Fotografien, aber auch in kleinen Filmbeiträgen und Interviews, dass Mensch und Tier in einer unauflöslichen Beziehungsgeschichte stehen. Und zugleich, dass ein Wandel eingesetzt hat. Seit Mitte der 90er Jahre werden Tiere auch nicht mehr als Objekte angesehen. „Fakt ist, ohne Tiere wäre der Mensch gar nicht sesshaft geworden“, erklärt Teresa Thieme in der Ausstellung. „Zugleich gibt es auch eine gegenläufige Entwicklung, nämlich, dass Nutztiere wieder im Zusammenleben mit dem Menschen verschwinden, beispielsweise die Pferde seit den 1920ern aus den Städten.“
Hund spielt tragende
Rolle in der Ausstellung
Es gibt viel zu lesen und zu sehen in der Ausstellung. Den größten Teil nimmt der Hund ein – mit all seinen Themenfeldern. Von der Historie und dem großen Wandel seiner Nutzung über die 344 anerkannten Rassen, Qualzuchten, die vielen Aufgaben, die er heute übernimmt, die kommerziellen Auswüchse falscher Tierliebe bis hin zu einigen kuriosen Hundegeschichten aus Jena.
So kann man beispielsweise von „Schuft“lesen, der gern zu Fuße des Hanfrieds lungerte. Das Volksblatt stellte ihn 1921 vor, denn der Vierbeiner reiste auch per Bahn nach Halle oder Nürnberg – bis er Bahnhofsverbot bekam.
Tauben wurden erst vom
Menschen in die Städte gebracht
Es wird aber auch aufgeklärt, dass es bis in die 1980er in Thüringen erlaubt war, Hunde zu schlachten und zu verspeisen. Erst danach setzte ein Umdenken ein – parallel zur wachsenden Tierschutzbewegung in Europa.
Der zweite Themenbereich ist den Tauben gewidmet. „All unsere Stadttauben sind Nachkommen verwilderter Haus- und Zuchttauben. Das heißt, wir haben sie in die Städte gebracht“, erklärt Kerstin Wuthenow, ehrenamtliche Ansprechpartnerin des Stadttaubenprojekts Jena. Sie stellte das Konzept zur Regulierung der Taubenpopulation in Jena vor und verweist zugleich auf den Zwiespalt zwischen Friedenssymbol und Hassobjekt in den Städten. Auch das umstrittene Hobby der Haltung von Brieftauben ist angerissen.
Der hintere Teil der Ausstellung widmet sich schließlich dem Pferd und seinem Wandel. Von Napoleons berühmten Schimmel Marengo ist zu lesen, oder vom stadtbekannten Zwergpferd Flora, das gern im „Deutschen Reich“ihr Feierabendbier trank. Zur Ausstellung ist ein gleichnamiger Begleitband mit 256 Seiten und 149 Abbildungen erschienen.