Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Enteignung von Ölraffinerie Schwedt als „Ultima Ratio“
Bundeswirtschaftsministerium will nahezu vollständige Übernahme durch Rosneft noch stoppen
Einige Monate vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine traf Rosneft eine strategische Entscheidung. Der russische Staatskonzern kaufte über seine Tochtergesellschaft Rosneft Deutschland weitere Anteile an der PCK-Raffinerie Schwedt, um sie nahezu vollständig zu übernehmen. Nun prüft Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), ob das Geschäft noch zu stoppen ist. Möglich wäre dies mit der Reform des Energiesicherungsgesetzes, das der Bundestag am Donnerstag beschloss.
Was sieht die Novelle des Energiesicherungsgesetzes vor?
Wenn die „konkrete Gefahr“besteht, dass ein Unternehmen seine Aufgaben nicht erfüllt und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht, kann es mit dem reformierten Gesetz vorübergehend unter Treuhandverwaltung gestellt werden. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wird bei Unternehmen der kritischen Infrastruktur als „Ultima Ratio“- also als letztes Mittel - auch die Möglichkeit einer Enteignung geschaffen.
Wie sind die Besitzverhältnisse bei PCK?
Rosneft hält die Mehrheit und will sie weiter ausbauen. Mit dem Kauf weiterer Anteile des Miteigentümers Shell will Rosneft die PCKRaffinerie zu 91,67 Prozent unter seine Kontrolle bringen. Das Bundeskartellamt hat dies geprüft und Ende Februar genehmigt. Dabei habe es „nullkommanull Verhaltensspielraum“gegeben, weil die Übernahme wettbewerbsrechtlich unproblematisch gewesen sei, sagt ein Behördensprecher. Habecks Ministerium
beleuchtet den Fall nun nach anderen Gesichtspunkten in einem Investitionsprüfverfahren nach Außenwirtschaftsrecht. Vorerst gilt die bisherige Eigentümerstruktur: Beteiligt sind die Rosneft Deutschland GmbH mit 54,17 Prozent, die Shell Deutschland GmbH mit 37,5 Prozent und Eni Deutschland GmbH mit 8,33 Prozent. Shell hat deutlich gemacht, dass es seine Anteile an der PCK nicht an Rosneft Deutschland verkaufen wollte, sondern an die österreichische Alcmene. Rosneft habe aber sein vertraglich zugesichertes Vorkaufrecht ausgeübt.
Welchen Plan hat Habeck für Schwedt?
Wenn kein russisches Öl mehr importiert werden darf, könnte Öl aus anderen Quellen per Schiff in Rostock angelandet und per Pipeline in die PCK-Raffinerie gebracht werden. Der Bund könnte etwaige Mehrkosten für Transport und Beschaffung ausgleichen. Und anstelle von Rosneft könnte ein Treuhänder die Anlage betreiben.