Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Liz Truss – ganz in der Tradition von Margaret Thatcher

- Peter Stäuber

Wer das Vorbild von Liz Truss ist, darüber will sie keine Zweifel aufkommen lassen. Eine solch überzeugte Anhängerin Margaret Thatchers ist die Anwärterin aufs höchste Amt, dass sie sich gern mal deren Kleider anzieht. Zur ersten Fernsehdeb­atte der Kandidaten trug Truss ein schwarzes Sakko und ein weißes Hemd mit einer riesigen Schleife – ganz so wie die Iron Lady in einer Fernsehans­prache 1979, wie die argusäugig­e britische Presse feststellt­e.

Zuvor hatte die medienaffi­ne Truss bereits das ikonische Bild Thatchers auf einem Panzer nachgestel­lt. So wie ihr Aussehen ist auch ihre Politik: Truss, bislang Außenminis­terin in Johnsons Kabinett, ist die Hoffnung der rechten, libertären Tories.

Fünf Jahre älter als Rishi Sunak, studierte sie genau dasselbe wie ihr Rivale, am gleichen Ort: Politik, Philosophi­e und Ökonomie in Oxford. Zunächst war sie Mitglied der Liberaldem­okraten, aber zum Ende ihres Studiums hatte sie sich den Tories angeschlos­sen. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Managerin beim Ölkonzern Shell, danach bei einem Telekom- Unternehme­n.

Früh hatte sie politische Aspiration­en: 2001 trat sie erstmals als Parlaments­kandidatin an, dann erneut 2005, beide Male erfolglos. Aber in der Parteizent­rale sah man in ihr offensicht­lich eine Politikeri­n mit Potenzial, so wurde sie für einen sicheren konservati­ven Sitz nominiert und gewann. Seit 2010 sitzt sie im Unterhaus.

Zwei Jahre später war sie Mitverfass­erin eines Buches, in dem sie ihr ideologisc­hes Programm festhielt: Tiefe Steuern, wenig Regulierun­g, freie Märkte – der Traum der Libertären. Zur gleichen Zeit begann sie auch Regierungs­erfahrung zu sammeln, sie wurde zur Staatsmini­sterin im Bildungsmi­nisterium ernannt, später wechselte sie an die Spitze des Umweltmini­steriums.

In jener Funktion hatte sie auch einen ihrer Auftritte, über den sich ihre Gegner noch heute freuen: Auf der Parteikonf­erenz 2014 hielt sie eine bizarre, hölzern vorgetrage­ne Rede, in der sie sich vehement für weniger Käseimport­e einsetzt. Selbst einer ihrer ehemaligen Berater soll die Ansprache als „ episch schlecht“bezeichnet haben.

Noch immer ist Truss keine geschliffe­ne Rednerin – ein Manko, dessen sie sich selbst bewusst ist. Aber in den Augen ihrer Anhänger macht sie dies durch ihr politische­s Programm mehr als wett. Im EU- Referendum stimmte sie zwar für „ Remain“, aber seither redet sie dem Brexit das Wort, und zwar mit dem Enthusiasm­us der Bekehrten.

Als sie im Herbst 2021 als Außenminis­terin antrat, hegte man in Brüssel anfänglich die Hoffnung, dass sich eine Phase der Entspannun­g einstellen könnte. Vergeblich: Truss ist eine BrexitHard­linerin, wenige Monate später kurbelte sie eine Gesetzesvo­rlage an, die das Nordirland­Protokoll unilateral kündigt. „ Der Grund, weshalb man mir beim Brexit vertraut, ist die Tatsache, dass ich mich seit 2016 reingeknie­t habe“, sagte Truss in einer Fernsehdeb­atte am Wochenende.

So dürfte es auch weitergehe­n, wenn sie Premiermin­isterin wird. Die Chancen dafür stehen gut: Laut Umfragen ist Truss die bevorzugte Kandidatin der Tory- Basis.

 ?? RE
IMAGO STOCK / IMAGO/ ZUMA WI ?? Wird vom rechten Parteiflüg­el unterstütz­t, doch was sagt die Parteibasi­s?: Liz Truss.
RE IMAGO STOCK / IMAGO/ ZUMA WI Wird vom rechten Parteiflüg­el unterstütz­t, doch was sagt die Parteibasi­s?: Liz Truss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany