Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Rishi Sunak – der Multimillionär aus der Hochfinanz
In den vergangenen Wochen kursierte in den sozialen Medien ein Video, das für viel Belustigung sorgte. Es ist ein Ausschnitt aus einer 20 Jahre alten BBC- Dokumentation über die Mittelklasse, in der auch Rishi Sunak auftaucht. Er war damals 21 und studierte in Oxford. „ Ich habe Freunde, die Aristokraten sind, ich habe Freunde aus der Oberschicht, ich habe Freunde aus der Arbeiterklasse“, sagt Sunak.
Dann kneift er ein Auge zu und korrigiert sich schnell: „ Na ja, nicht aus der Arbeiterklasse.“Er sei Teil der „ gesellschaftlichen Elite“, meint er.
Das Video dient seinen Gegnern als perfekte Illustration: Der Mann habe keine Ahnung vom Leben der Normalbürger, sagen sie. Er kenne nicht mal einen! Zwar kommt Sunak nicht wie der stereotype Tory daher. Im Gegensatz zur mehrheitlich alten und weißen Parteibasis ist Sunak gerade mal 42 Jahre alt. Und er ist indischer Abstammung.
Sunak wurde
1980 in Southampton geboren. Die Einschulung im exklusiven Winchester College – die Schule kostet heute 50.000 Euro pro Jahr – verträgt sich bestens mit dem Fernziel einer politischen Laufbahn. Nach seinem Schulabschluss fuhr Sunak weiter auf der präferierten Schiene des britischen Establishments: Er ging nach Oxford, um Philosophie, Politik und Wirtschaft zu studieren.
Danach ging es in die Hochfinanz. Zuerst als Investmentbanker bei Goldman Sachs und dann bei verschiedenen Hedgefonds scheffelte Sunak kräftig Geld, sein Vermögen wird auf
200 Millionen Pfund geschätzt.
2014 folgte der Schritt in die
Politik, Sunak wurde zum Tory- Kandidaten im Wahlkreis Richmond in Nordengland gekürt. Bei der Wahl im folgenden Jahr gewann Sunak mit einer satten Mehrheit – Richmond ist ein sicherer Tory- Sitz.
Als bald danach die Debatten um den Brexit begannen, bezog Sunak klar Stellung: Er wollte Großbritannien aus der EU führen. So könne man die Unternehmen von übermäßiger Regulierung befreien und die Grenzen besser befestigen, sagte er. Die klassischen Argumente vom rechten Flügel. Als Finanzminister ab Februar 2020 spielte Sunak während der Corona- Pandemie eine wichtige Rolle: Er musste tief in die Staatstasche greifen, um Millionen von Lohnabhängigen zu unterstützen. Plötzlich war er ein Star.
Sunak spricht geschliffen, gibt sich nüchtern – und ist damit das Gegenteil von Johnson. Vielleicht zweifelt deshalb die ToryBasis, ob er der richtige Mann ist – in Umfragen schneidet er deutlich schlechter ab als seine Rivalin. Zudem werfen ihm Teile der konservativen Presse mangelnden BrexitEnthusiasmus vor. Gerade deswegen hat sich Sunak jüngst als Hardliner zu profilieren versucht – und betonte während des Wahlkampfs, dass er die „ Brexit- Freiheiten“voll ausschöpfen werde. Ob es unter ihm zu einer Entspannung mit der EU kommen würde, ist also zweifel
haft.