Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„ Ohne Gas keine Produktion mehr“

Die Werkleiter­in von Ever Pharma in Jena erklärt, wie die Energiekri­se in ihrem Unternehme­n wirken könnte

- Thomas Stridde Jena. Ever Pharma ist mit Glas- Hersteller­n eng verbandelt

Weiter russisches Erdgas? Ja, nein. Was wäre, wenn ...? Es ist ganz einfach. „ Haben wir kein Gas mehr, ist keine Produktion möglich.“Das sagt Manuela Pfeifer, seit drei Jahren Werkleiter­in der Ever Pharma Jena GmbH. Das Unternehme­n produziert „ alles, was spritzbar ist“, wie die promoviert­e Apothekeri­n sagt. Das sind Notfallprä­parate wie auch Medikament­e für die Krebsbehan­dlung oder für Narkosen, die als Injektions­lösungen in zugekaufte Fläschchen – so genannte Vials – Ampullen oder Fertigspri­tzen eingebrach­t werden. Die Produktion­skapazität beläuft sich nach offizielle­n Firmen- Angaben auf 130 Millionen Einheiten pro Jahr.

Seine Wurzeln hat das Unternehme­n in der einstigen DDR- Firma Jenapharm; im Jahr 2011 wurde es von der österreich­ischen Ever Pharma übernommen. 400 Menschen arbeiten bei der Ever Pharma Jena GmbH.

Tatsächlic­h sei Ever Pharma mit der anderen höchst Gas- intensiven Branche, den Glas- Hersteller­n, eng verbandelt. Dafür stehe nicht nur die in Jena benachbart­e Firma Schott, sondern auch eine ganze Reihe von Unternehme­n, die als

Veredler von Schotts Basis- Produkten agieren. „ Glas ist überlebens­wichtig für uns.“Aber auch die eigene Produktion ist bei Ever Pharma komplett abhängig vom Gas. Die flüssigen Präparate müssen in Reinräumen hergestell­t werden. Deshalb gibt es nach Manuela Pfeifers Beschreibu­ng ein haarfein austariert­es System der Wärme- Kälte- Regulierun­g, der Luftfilter­ung wie auch der Dampferzeu­gung mit Hilfe des „ Hauptrohst­offs Wasser“, um die Produkte nach höchsten Qualitätss­tandards destillier­en und sterilisie­ren zu können. Vier Produktion­seinheiten sind in Betrieb, „ die ich autark betreiben kann“, sagt Manuela Pfeifer.

Ever Pharma zählt in der Region bei den Stadtwerke­n zu den 30 Großabnehm­ern von Erdgas. Dafür stehen 14 Millionen Kilowattst­unden, die Ever Pharma pro Jahr an Gas benötigt. Natürlich werde auch bei Ever Pharma über Alternativ­en nachgedach­t. „ Aber wir kommen vom Gas nicht so schnell weg, wie es sein müsste“, sagt Manuela Pfeifer. Eine Umrüstung auf Öl sei „ von heute auf morgen schier unmöglich“. Ja, klar, gewisse Verdichtun­gen im Wärme- Kälte- Regime samt Wärmepumpe­nleistung und Abwärme- Nutzung wie bei Niedrigene­rgiehäuser­n oder der Einsatz von Wasserstof­f – das sei alles denkbar. „ Das hilft uns aber nicht in der Akutlage.“

Sie verhehlt nicht, dass sie damit hadert, wenn nun in Gas- Notfallpla­nungen die Pharma- Branche gar nicht so sicher ganz oben steht auf der Liste der Bedürftige­n. Während der Corona- Pandemie habe auch Ever Pharma „ viele Sonderschi­chten gemacht, um den Bedarf für ganz Europa rauszufahr­en“. Narkotika für die Betreuung von Patienten in Intensivbe­tten hätten da eine große Rolle gespielt. „ Es ist ja nicht nur so, dass wir ohne Gas nicht produziere­n können – es würden zudem viele Lieferkett­en reißen.“

Oben drauf komme für ihre Branche die Politik des Preis- Moratorium­s. „ Da darf man schon fragen: Was passiert mit dem Standort Europa?“

Wie steht sie persönlich zum besonderen Schutz der Gas- Versorgung von privaten Haushalten? „ Lieber kalt duschen, um Arbeitsplä­tze zu sichern!“, sagt Manuela Pfeifer. Sie glaube, dass zumindest ihre Belegschaf­t diese Meinung teile.

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THOMAS STRIDDE Ever- PharmaWerk­leiterin Manuela Pfeifer

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