Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Musikalische Kleinodien und ein guter Tropfen
Thüringer Orgelsommer: Zu Bachs Triosonaten auf der berühmten Trost- Orgel gibt es ein Gläschen Wein
Golden funkelte der kühle Wein in den Gläsern, und silbrige Klänge erfüllten den Kirchenraum: Der „ Thüringer Orgelsommer“hatte für Dienstagabend in die Stadtkirche zu einem Konzert eingeladen, in dessen Pause ein Pfälzer Weingut, das hier in der Stadt eine Verkaufsfiliale unterhält, zu einem Glas Weißen einlud.
Was nicht so oft geschieht – Simon Reichert, Bezirksorganist an der Stiftskirche aus Neustadt an der Weinstraße, bot die Möglichkeit, alle sechs Triosonaten Johann Sebastian Bachs ( BWV 525 - 539) auf einen Ritt anzuhören. Bezogen auf die Trost- Orgel, stellt das einen zusätzlichen Genuss dar, denn diese kammermusikalisch konzipierten dreistimmigen Werke leben von einer besonderen Durchsichtigkeit des Klangs, und die bietet diese Orgel mit dem bekannten Klangfarbenreichtum ihrer sehr individuell gefärbten Register in besonderem Maße.
Die Form der Triosonate kommt aus der italienischen barocken Kammermusiktradition; neu ist, das hier die gewöhnlich verwendeten Streichinstrumente durch die Orgel ersetzt werden. Was diese Kleinodien der Orgelliteratur besonders kunstvoll erscheinen lässt: Obwohl sie der südländischen Tradition entstammen, spielt hier, wie von Bach nicht anders zu erwarten, die kontrapunktische Verarbeitung eine herausragende Rolle. Wenn aber bei einer schnellen Fuge ( hier meist im Schlusssatz) die Bassstimme gleichberechtigt mit den beiden übrigen Stimmen beteiligt ist, dann ist das Ergebnis ein höchst virtuoses Pedalspiel, das in puncto allgemeiner Kunstfertigkeit der Ausführung gewissermaßen noch einen draufsetzt.
Bachs Triosonaten ist eines gemein: Sie vereinen feinfühligen gesanglichen Ausdruck mit ungebremster Spielfreude. Ersteren finden wir vor allem in den langsamen Mittelsätzen, selbst in dem ein wenig spröde beginnenden der 5. Sonate. Und letzteren erwartungsgemäß in den schnellen Ecksätzen. Man denke nur an den Eingangssatz der 5. Sonate in C- Dur oder den absolut brillant interpretierten Schlusssatz der 3. Sonate in d- Moll mit seinen wirbelnden Triolenbewegungen. Dass er beides – Virtuosität und Empfindsamkeit – vorbildlich miteinander verbinden kann, das bewies Simon Reichert hier auf eindrückliche Weise.
Für den kräftigen Schlussapplaus bedankte sich der Gast mit einer der vielen Choralbearbeitungen Johann Sebastian Bachs: „ Liebster Jesu, wir sind hier“.