Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Kunst auf dem Reitplatz für einen Tag
Ungewöhnliche Schau jetzt nur noch im Internet zu sehen. Sechs Künstlerinnen stellten in Crawinkel aus
„ Mein Ross braucht Paraden“ist der Titel einer ungewöhnlichen Ausstellung auf einem kleinen privaten Reitplatz in Crawinkel. Die Gruppenausstellung ist ein freies Projekt, an dem sechs junge Künstlerinnen teilnehmen, die am Ende des Kunststudiums stehen oder dieses bereits abgeschlossen haben.
Alle Künstlerinnen haben einen Bezug zum ländlichen Leben, so Wiebke Mertens. Die 25- Jährige betreut und organisiert die Ausstellung. Wie die Studentin der Hochschule für Künste in Bremen auf den Titel angesprochen sagt, geht es um Zügelungen, Ausbruch und Wegträumen.
Auch Fragen nach ländlicher Vereinzelung, den Wunsch verstanden zu werden und verbunden zu sein, sind ebenfalls ein Thema. „ Die aufgeladene Beziehung zum Pferd - oder auch zum Haustier im Allgemeinen - kann dafür Vokabular und Werkzeug werden“, so Wiebke Mertens weiter. Die Ausstellung wird für das „@ raus. project“dokumentiert, eine Online- Ausstellungsplattform, die sich zu Beginn der Corona- Pandemie gebildet und es sich zur Aufgabe gemacht hat, Ausstellungen an ungewöhnlichen Orten aufzubauen und über Instagram der Öffentlichkeit zu präsentieren. Besucht werden kann die Ausstellung jetzt allerdings nur noch im Internet. Auf dem Reitplatz war sie ausschließlich am Dienstagnachmittag zu sehen. Dass die Künstlerinnen nach Crawinkel kamen, liegt eher an familiären Beziehungen der Organisatorin. Den Ausstellungsort stellte Wiebke Mertens Mutter zur Verfügung. Sie wohnt in Crawinkel. Den Bezug zum Pferd hat Wiebke Mertens bereits seit ihrer Kindheit und Jugend, die sie in Schleusingen verbrachte. Sie war Dressurreiterin und sagt: „ Wenn man Tiere versteht, kann man das auch auf andere Beziehungen übertragen.“Sie mag den ländlichen Raum in Thüringen, sieht ihre berufliche Zukunft als freischaffende Künstlerin aber eher in großen Ballungsräumen. „ Als Künstler kann man erst auf dem Land leben, wenn man es geschafft hat.“
Den Wunsch, Künstlerin zu werden, hatte Wiebke Mertens früh. Die Wartezeit auf das Studium überbrückte sie mit einem freiwilligen sozialen Jahr am Theater und einem Vorstudium. Anne Moder, ebenfalls Kunststudentin in Bremen, hatte einen längeren Weg zum Kunststudium. Die 38- Jährige beschäftigte sich zuerst mit Kunstpädagogik und freiem Design, bevor sie in Bremen ihr Studium begann. Um das Studium zu finanzieren, braucht sie Nebenjobs. Sie assistierte Menschen mit Behinderungen und arbeitet in einem Kunst- und Kulturverein, früher half sie auch in einer Kneipe aus.
In Crawinkel gab es Malerei, Videoinstallationen, Zeichnungen und Keramik zu sehen. Eine Mischung aus Installation und Malerei hatte Wiebke Mertens ausgestellt. Es ist ein mit Stroh gefüllter Sack mit Kindheitsbildern und selbstgemalten Bildern auf dem Bezug.
Das gezeigte Werk von Anne Moder stellt eine Pfütze dar. Die Installation hat sie aus Spiegelfolie und Epoxydharz hergestellt. Die anderen Künstlerinnen, die es nicht zur Ausstellungseröffnung geschafft hatten, sind in Mainz, Dresden und Berlin zu Hause.