Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Die Ideale der jungen Männer im Ersten Weltkrieg
Fast vergessen: Walter Flex veröffentlicht 1917 mit „Der Wanderer zwischen den Welten“ein Werk, das lange Nachhall findet
Eines der bekanntesten und einflussreichsten Bücher, welches im Zuge des Ersten Weltkrieges entstand und um 1960 eine Gesamtauflagenhöhe von einer Million Exemplaren erreichte, stammte von einem jungen Mann aus Eisenach. Die Rede ist von Walter Flex und seinem 1917 erstmals erschienen Buch „Der Wanderer zwischen beiden Welten“.
Flex entstammte einer bildungsbürgerlichen und nationalbewussten Familie und wurde am 6. Juli 1887 als Sohn eines Gymnasiallehrers in Eisenach geboren. Kindheit und Jugend verlebte er in der Stadt unter der Wartburg. Nach bestandenem Abitur 1906 studierte Flex Germanistik, Geschichte und Philosophie in Erlangen und Straßburg und schloss das Studium 1910 mit der Promotion ab. Bereits während dieser Zeit verfasste der junge Mann erste Novellen und Gedichte. Im Anschluss arbeitete er als Hauslehrer, unter anderem für die Familie von Bismarck in Varzin und Friedrichsruh.
Als im Sommer 1914 der Erste Weltkrieg begann, meldete sich Walter Flex als Kriegsfreiwilliger zu den Waffen und kam mit einem Infanterie-Regiment an die Westfront, in die Argonnen. Seine patriotischen Gedichte wie etwa „Das Volk in Eisen“(1914) stießen beim deutschen Publikum auf breite Zustimmung. Bald nach seinem Kriegseintritt erhielt Flex die Ausbildung zum Leutnant der Reserve, welche unter anderem auf dem Truppenübungsplatz Warthelager bei Posen vonstattenging. Hierbei lernte er den sieben Jahre jüngeren Theologiestudenten und „Wandervogel“Ernst Wurche kennen; dieser fiel bereits kurze Zeit später bei einem Patrouillenunternehmen. Für Flex bedeute dies einen herben Verlust, der maßgeblich Einfluss auf „Der Wanderer zwischen den Welten“nahm. Dieses 1917 im bekannten C. H. Beck Verlag in München erschienene Buch schildert in großen Teilen die Freundschaft der beiden Kriegskameraden. Dabei wird Wurche hier in idealisierender Weise geradezu als der Prototyp des „Wandervogels“dargestellt, dessen Werte nun mit denen des durch den Krieg beförderten Idealismus verschmelzen. Die Schrecken und Folgen des Kampfes blendet Flex dabei weitestgehend aus. Das Buch erlangte umgehend große Popularität und wurde von der Mehrheit der Leserschaft als nationalpatriotisch und kriegsbejahendes Werk wahrgenommen. Flex selbst distanzierte sich allerdings von einer derartigen Deutung. Große Bekanntheit erlangte schließlich das zu Beginn des Buches aufgeführte Gedicht „Wildgänse rauschen durch die Nacht“.
Da Walter Flex am 16. Oktober 1917 auf der Insel Ösel fiel, nachdem er zuvor bei einem Scharmützel mit russischen Truppen einen Bauchschuss erlitt, blieb die Deutung des „Wanderers“anderen überlassen. In der Weimarer Republik avancierte das Buch zu „dem“
Werk, welches bürgerliche und bündisch organisierte Jugendliche lasen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten instrumentalisierte das Regime sowohl den Autor als nationalkonservativen Vordenker der NS-Bewegung, als auch seine Werke als „wertvoll“für die Jugendbildung im Sinne des Nationalsozialismus. Selbst bis in unsere Zeit gibt es nach wie vor Diskussionen über Werke von Walter Flex, etwa um die „Wildgänse“. Das in den 1920ern vertonte Gedicht wurde als Lied in Deutschland äußerst populär, später beispielsweise von Heino gesungen. Heute gilt es als „grenzwertig“, da es „nationale Phrasen“bedient.
Auf dem Hauptfriedhof von Eisenach, der Heimatstadt von Walter Flex, gibt es ein symbolisches Grab.