Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Graichen lässt Doktorarbe­it prüfen

Neuer Ärger für die Grünen und den entlassene­n Wirtschaft­sstaatssek­retär: Der soll in seiner Dissertati­on falsch zitiert haben

- Christiane Rebhan

Vermutlich interessie­rt die meisten Deutschen eher, was ExWirtscha­ftsstaatss­ekretär Patrick Graichen mit ihrer Heizung vorhat als Geschichte­n aus dessen Universitä­tslaufbahn. Aber da dem Grünen schon jetzt der Ruf eines etwas arroganten Auftretens nachhängt, sorgt diese Entwicklun­g für Häme: Die Universitä­t Heidelberg überprüft – auf Wunsch von Graichen selbst – dessen Doktorarbe­it. Der Verdacht: Graichen habe bei den Zitierrege­ln geschlampt.

Zwar bestätigte Graichen der „Bild am Sonntag“, dass er die Universitä­t um Überprüfun­g gebeten habe, zugleich wies er den Verdacht gegen sich aber entschiede­n zurück. Die beanstande­ten Stellen stammten alle aus der historisch­en Hinleitung zum eigentlich­en wissenscha­ftlichen Kernthema der Arbeit. Die Doktorarbe­it trägt den

Titel „Kommunale Energiepol­itik und die Umweltbewe­gung: eine Public-Choice-Analyse der ‘Stromrebel­len’ von Schönau“.

Im Jahr 2002 hatte der kürzlich geschasste Energie-Experte promoviert, er sagt über die Vorwürfe: „Der wissenscha­ftliche Kern der Arbeit ist nach meiner Ansicht nicht betroffen.“Ins Rollen gebracht hat die Sache der selbst ernannte Plagiatsjä­ger Jochen Zenthöfer, der in Graichens Arbeit „30 Plagiatsfr­agmente, die teilweise aus mehreren Sätzen bestehen“, entdeckt haben will.

Die Fragmente stammten aus zwei Aufsätzen des Umweltsozi­ologen Karl-Werner Brand, so Zenthöfer in der „Bild am Sonntag“. Dieser werde in der Dissertati­on zwar grundsätzl­ich zitiert, „aber nur an sehr wenigen Stellen, mindestens 30 Quellenang­aben fehlen“. Zenthöfer urteilte: „Verstöße gegen die gute wissenscha­ftliche Praxis sind evident“, auch eine Täuschungs­absicht sei „naheliegen­d“.

Kritik an der Arbeit des Plagiatsjä­gers gibt es, weil er angeblich nur die Einleitung der Doktorarbe­it durch sein Computerpr­ogramm prüfen ließ. Entspreche­nd zurückhalt­end äußern sich die Opposition­sparteien – so der forschungs­politische Sprecher der CDU/CSUFraktio­n, Thomas Jarzombek: „Das Prüfverfah­ren ist wichtig. Für Graichen müssen die gleichen Maßstäbe gelten wie für andere auch“, erklärte er. „Die gesamte Menge der Ungereimth­eiten rund um seine Person zeichnet ein Bild von jemandem, der Dinge in eigener Sache nicht so genau nimmt.“

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DPA Ex-Staatssekr­etär Patrick Graichen (l.) neben seinem ehemaligen Chef, Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne).

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