Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Graichen lässt Doktorarbeit prüfen
Neuer Ärger für die Grünen und den entlassenen Wirtschaftsstaatssekretär: Der soll in seiner Dissertation falsch zitiert haben
Vermutlich interessiert die meisten Deutschen eher, was ExWirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen mit ihrer Heizung vorhat als Geschichten aus dessen Universitätslaufbahn. Aber da dem Grünen schon jetzt der Ruf eines etwas arroganten Auftretens nachhängt, sorgt diese Entwicklung für Häme: Die Universität Heidelberg überprüft – auf Wunsch von Graichen selbst – dessen Doktorarbeit. Der Verdacht: Graichen habe bei den Zitierregeln geschlampt.
Zwar bestätigte Graichen der „Bild am Sonntag“, dass er die Universität um Überprüfung gebeten habe, zugleich wies er den Verdacht gegen sich aber entschieden zurück. Die beanstandeten Stellen stammten alle aus der historischen Hinleitung zum eigentlichen wissenschaftlichen Kernthema der Arbeit. Die Doktorarbeit trägt den
Titel „Kommunale Energiepolitik und die Umweltbewegung: eine Public-Choice-Analyse der ‘Stromrebellen’ von Schönau“.
Im Jahr 2002 hatte der kürzlich geschasste Energie-Experte promoviert, er sagt über die Vorwürfe: „Der wissenschaftliche Kern der Arbeit ist nach meiner Ansicht nicht betroffen.“Ins Rollen gebracht hat die Sache der selbst ernannte Plagiatsjäger Jochen Zenthöfer, der in Graichens Arbeit „30 Plagiatsfragmente, die teilweise aus mehreren Sätzen bestehen“, entdeckt haben will.
Die Fragmente stammten aus zwei Aufsätzen des Umweltsoziologen Karl-Werner Brand, so Zenthöfer in der „Bild am Sonntag“. Dieser werde in der Dissertation zwar grundsätzlich zitiert, „aber nur an sehr wenigen Stellen, mindestens 30 Quellenangaben fehlen“. Zenthöfer urteilte: „Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis sind evident“, auch eine Täuschungsabsicht sei „naheliegend“.
Kritik an der Arbeit des Plagiatsjägers gibt es, weil er angeblich nur die Einleitung der Doktorarbeit durch sein Computerprogramm prüfen ließ. Entsprechend zurückhaltend äußern sich die Oppositionsparteien – so der forschungspolitische Sprecher der CDU/CSUFraktion, Thomas Jarzombek: „Das Prüfverfahren ist wichtig. Für Graichen müssen die gleichen Maßstäbe gelten wie für andere auch“, erklärte er. „Die gesamte Menge der Ungereimtheiten rund um seine Person zeichnet ein Bild von jemandem, der Dinge in eigener Sache nicht so genau nimmt.“