Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Hertha BSC vor ungewisser Zukunft
Die Berliner müssen zum siebten Mal aus der Bundesliga absteigen. Die Lizenz für die 2. Bundesliga ist weiter fraglich
Berlin. Mit „gebrochenen“Herzen und schweren Beinen trabten Kevin-Prince Boateng und die Spieler von Hertha BSC in eine ungewisse Zukunft. Frust, Enttäuschung und Wut über den schmerzhaften Abstieg in die 2. Bundesliga sorgten auch beim kurzen gemeinsamen Lauf am Sonntagmorgen noch für ein Gefühl der Leere und Ohnmacht. „Ich bin selber Hertha-Fan. Es ist einfach nur traurig“, sagte Boateng über den siebten Bundesliga-Abstieg seines Herzensclubs.
Die Tränen, die nach dem dramatischen 1:1 (0:0) gegen den VfL Bochum geflossen waren, waren zwar getrocknet. An der Grundstimmung änderte sich nichts. „Es tut weh. Es ist hart. Es ist nicht schön“, sagte Trainer Pal Dardai: „Der Abstieg ist schlecht für alle.“
Hertha hätte einen Sieg gebraucht, um die Hoffnungen auf ein Wunder am Leben zu halten. Der Glaube daran war nach dem Treffer von Lucas Tousart (63.) stärker denn je. Dann sorgte Keven Schlotterbeck (90.+4) für kollektives Entsetzen. Hertha muss in die 2. Liga.
Der Spielverlauf sei „ein Spiegelbild der ganzen Saison“, so Sportdirektor Benjamin Weber und war sich mit Dardai einig. „Abgestiegen“, sagte dieser, „ist Hertha BSC nicht heute. Die Leistung war gut.“
Die Betroffenheit war dem Ungarn anzumerken. Der 47-Jährige lebt den Verein. Er ist Rekordspieler und zum dritten Mal Cheftrainer. Mitte April hatte das ClubUrgestein die komplizierte RetterMission angenommen. Er scheiterte. Zu schwer wiegen die Altlasten, zu tiefgreifend sind die strukturellen Probleme im Club, zu wenig Wir-Gefühl herrscht im unausgewogenen Kader.
Er werde dem Verein eine „schriftliche Analyse“vorlegen, kündigte Dardai an. Sie dürfte deutlich ausfallen. „Ich bin immer ehrlich. Wir werden sehen, wie der Club das sieht“, sagte Dardai, dessen Vertrag Ende Juni endet. Seine eigene Zukunft soll bis zum Saisonende nicht thematisiert werden.
Die Trainerpersonalie ist nur eine von vielen Baustellen. Mit welchem Kader startet man in die Saison? Und was ist mit der Lizenz? Die wirtschaftliche Lage ist bedrohlich. Bis zum 7. Juni muss der Verein bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) die Finanzierung für die neue Saison nachweisen.
Wann und ob Hertha in die Bundesliga zurückkehrt, lässt sich nicht abschätzen. Der Club zahlt die Quittung für die Fehlentwicklung der vergangenen Jahre, in der Geld in absurdem Ausmaß verbrannt wurde. „Wir müssen jetzt für die Zukunft arbeiten“, sagte Dardai. Wie diese aussieht, lässt sich derzeit nicht seriös beantworten.