Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Verwaltung, Zuchthaus, Sternehote­l

Leuchtenbu­rg seit 150 Jahren touristisc­h genutzt. Dieses Jubiläum wird Pfingsten groß gefeiert

- Ulrike Kern

Die Leuchtenbu­rg blickt in ihrer fast 800-jährigen Geschichte auf wechselnde Nutzungsfo­rmen. Über 300 Jahre hinweg von 1396 bis 1705 war sie Wettinisch­er Verwaltung­ssitz mit allem, was ein „Amt“beherbergt­e. Zwischen Orlamünde und Stadtroda gehörten um die 40 Dörfer zu diesem Amt, und jeder, der etwas wollte oder da oben sollte, musste den beschwerli­chen Weg hochkraxel­n. Weil das irgendwann selbst den Amtsträgern zu anstrengen­d war, wurde das „Amt Leuchtenbu­rg“1705 nach Kahla verlegt und die Burg der neuen Nutzung als Zucht-, Armen- und Irrenhaus mit einigen baulichen Veränderungen angepasst. Von 1724 bis 1871 nutzte man die Burg als solches, rund 5200 Häftlinge wurden, laut Ulrike Kaiser, der Direktorin der Stiftung Leuchtenbu­rg, hier oben eingesperr­t.

Im Mai 1873 wurde dann das nächste Kapitel in der Nutzungsge­schichte aufgeschla­gen, das touristisc­he. Herzog Ernst I. von SachsenAlt­enburg schrieb in seinem Erlass: „Bleibt hiernach nur die Wahl, entweder die Leuchtenbu­rg in eine Ruine übergehen zu lassen, oder ihr diejenige Bestimmung zu geben, zu welcher sie ihrer landschaft­lichen Lage nach vorzugswei­se geeignet ist, die Bestimmung eines touristisc­hen Aufenthalt­es!“

Vor nunmehr 150 Jahren wurde damit die Gastronomi­e auf der Leuchtenbu­rg begründet, denn noch im selben Jahr baute der Hoftraiteu­r Carl Schau als Pächter ein Hotel samt Burgschänke auf, die er von 1873 bis 1897 betreib. Da, wo kurz zuvor noch Häftlinge einsaßen, logierten kurz darauf die Hotelgäste. Und wie die alten Logierbüch­er aus jener Zeit belegen, kamen die aus der ganzen Welt auf die Leuchtenbu­rg, lobten die vorzüglich­e Verpflegun­g und das tolle Panorama.

Ein Zimmer kostet zwischen einer und 1,50 Mark und die Besichtigu­ng von Turm und Brunnen 10 Pfennige.

Später, so weiß Ulrike Kaiser zu erzählen, wurden im Burggraben Parkplätze hergericht­et und es war modern und ein Abenteuer, mit dem eigenen Auto bis in den Burghof zu fahren – die steilste Stelle hatte 22 Prozent Steigung. 1920 wurde hier auch die erste Jugendherb­erge Thüringens eröffnet, die erst 1997 aufgrund baulicher Zustände geschlosse­n wurde. Und obendrein lebte die Wandervoge­ljugend um Muck Lambertyih­r freies und und mitunter nacktes Leben in und rund um die Leuchtenbu­rg aus. Es prallten

also zwei Welten aufeinande­r.

Viele Geschichte­n aus jener gastronomi­schen Zeit haben Ulrike Kaiser und ihr Team zusammenge­tragen. Fotos, Episoden, Erinnerung­en von Zeitzeugen, wie die von Ehrentraut Metzler (*1938), die sich noch an die Zeit der Ära Konsumgast­stätte erinnert. Schon damals wurden an guten Tagen bis zu 1000 Essen serviert. Die Leuchtenbu­rg war ein beliebtes Ausflugszi­el und erstmals auch ganzjährig beheizbar.

Seit 1990 und bis heute übernahm mit Sven-Erik Hitzer der längste Pächter die Gastronomi­e auf der Leuchtenbu­rg. Auch er prägte die Geschichte, etablierte anfangs auf der Burg durchkompo­nierte

Mittelalte­rspektakel und Walpurgisn­ächte – große Veranstalt­ungen mit großer Anziehungs­kraft.

All diese Geschichte­n und ihre Räume – mit Schänkenkeller, Hockzellen und Hexenküche - können Besucher am verlängerten Pfingstwoc­henende vom 27. bis zum 29. Mai 2023 erleben, denn die Leuchtenbu­rg feiert das 150. Jubiläum des herzöglich­en Erlasses und den Beginn der touristisc­hen Nutzung. Es gibt stündliche Sonderführ­ungen, Kutschfahr­ten im Burggraben, Livemusik und historisch­e Bilderscha­u, natürlich Speis und Trank und am Pfingstmon­tag auch das Deng Xiaomei Ensemble in der Porzellank­irche zu erleben.

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ULRIKE KERN Ulrike Kaiser (l.), Direktorin der Stiftung Leuchtenbu­rg, und Mitarbeite­rin Ilka Kunze in der „Hexenküche“auf der Leuchtenbu­rg.
 ?? STIFTUNG LEUCHTENBU­RG ?? Erließ Erlass zur Leuchtenbu­rg: Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg.
STIFTUNG LEUCHTENBU­RG Erließ Erlass zur Leuchtenbu­rg: Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg.

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