Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Zwangszute­ilung von Geflüchtet­en in Gotha

Obwohl die Kapazitäte­n offiziell erschöpft sind, musste nun auch der Kreis Gotha zehn weitere Personen aufnehmen

- Victoria Augener

Nach eigenen Angaben hat der Landkreis keine Kapazitäte­n mehr, um Geflüchtet­e aufzunehme­n. Und doch kam am Donnerstag­morgen ein Bus aus Suhl mit zehn Menschen in Gotha an, die untergebra­cht werden sollen. Wie Anfang der Woche in Weimar, ist nun auch im Kreis Gotha die erste Zwangszute­ilung von Geflüchtet­en durch den Freistaat erfolgt. Im Landratsam­t Gotha ist die Stimmung angespannt.

Der Kreis Gotha wolle mehr Flüchtling­e aufnehmen, versorgen und in der Region heimisch werden lassen, betont Landrat Onno Eckert (SPD) immer wieder. Doch der verfügbare Platz sei erschöpft und die überwiesen­en Pro-Kopf-Pauschalen reichten nicht aus, um die Kosten zu decken. Dennoch kündigte das Land die Ankunft von rund 35 Geflüchtet­en in Gotha an. Man einigte sich schließlic­h auf zwölf, berichtet der Beigeordne­te Thomas Fröhlich (CDU). Letztendli­ch kamen zehn Menschen. Es handelt sich nicht um ukrainisch­e Geflüchtet­e, sondern um Asylbewerb­erinnen und -bewerber aus anderen Herkunftsl­ändern, heißt es nun auf Nachfrage.

Doch wie in Weimar müssen auch in Gotha Abstriche bei der Unterbring­ung gemacht werden. Wurde anfangs noch darauf wertgelegt, dass jede Unterkunft einen separaten Gebetsraum und Spielraum für Kinder hat, sei das schon

seit Langem nicht mehr zu gewährleis­ten. Auch auf die kultursens­ible Unterbring­ung, also nicht gerade verfeindet­e Nationen nebeneinan­der einzuquart­ieren, könne immer

weniger geachtet werden. Dabei sei der Platz im Landkreis grundsätzl­ich vorhanden. Geschätzt 300 Betten könnten gewonnen werden, wenn eine Liegenscha­ft des Landes

in Gotha für die Unterbring­ung freigegebe­n würde. Wieder Turnhallen mit Feldbetten zu bestellen sei hingegen keine geeignete Lösung, sagt Thomas Fröhlich. Das komme nur für die kurzfristi­ge Unterbring­ung infrage, und ohnehin ist die Kreisverwa­ltung froh, dass aktuell nur noch eine Halle als Erstaufnah­mestelle vorgehalte­n wird und die restlichen wieder von den Schulen und Vereinen genutzt werden können. Dabei handelt es sich um die Turnhalle des Berufsschu­lzentrums Gotha-West in der Von-Zach-Straße.

Land lässt eigene Möglichkei­ten der Unterbring­ung ungenutzt

Blickt man zurück auf die Flüchtling­ssituation im Jahr 2015, sei die Unterbring­ung damals ganz anders gehandhabt worden, sagt Thomas Fröhlich. Damals wurden die Turnhalle die Verwaltung­sfachhochs­chule, der Kaserne in Ohrdruf und der ehemalige Praktiker-Markt in Gotha vom Land als Unterkünft­e ausgewiese­n. Wie alle Thüringer Kommunen beharrt auch der Landkreis Gotha darauf, dass das Land zuerst eigene Unterbring­ungsmöglic­hkeiten ausbaut, bevor es zwangsweis­e Geflüchtet­e verteile.

Der Landkreis Gotha hat seit dem Angriff auf die Ukraine rund 2500 Geflüchtet­e von dort aufgenomme­n. Weiterhin kommen regelmäßig Menschen aus anderen Herkunftsl­ändern, seit 2013 mehr als 3000 Personen. Sie werden jedoch anders als Ukrainerin­nen und Ukrainer als Asylsuchen­de behandelt. Anstelle von Leistungen aus dem Asylbewerb­ergesetz erhalten Geflüchtet­e aus der Ukraine Grundsiche­rung innerhalb des SGB II (Zweites Sozialgese­tzbuch).

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STEFAN PUCHNER / DPA 3000 Asylsuchen­de hat der Kreis Gotha seit 2013 aufgenomme­n und weitere 2500 Geflüchtet­e aus der Ukraine (Symbolbild).

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