Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Erst im Ziel kann man sich ganz sicher sein“
Die Erfurterin Kristin Hempel spricht im Interview über ihren dritten Sieg beim Rennsteiglauf und ihre Stärke mit 40
Erfurt. Sie hat es wieder getan. Kristin Hempel vom USV Erfurt siegte beim 50. GutsMuths-Rennsteiglauf auf der Königsstrecke, dem Supermarathon über knapp 74 Kilometer. Im Interview erzählt uns die 40-Jährige von ihrer Vorliebe für Käse, ob der dritte ihr wertvollster Rennsteiglaufsieg war, ihre Motivation für lange Trainingsläufe, warum Erfurt eine Lauf-, aber keine Fahrradstadt ist, wie lange sie noch weitermachen will und in welchen Sportarten ihre Söhne Talent zeigen.
Gab es heute was anderes als Käsebrötchen zum Frühstück?
Nein. Ich esse unheimlich gern Käse, das gehört einfach dazu.
Aber um 3 Uhr aufzustehen wie vor dem Rennsteiglauf, das müssen Sie sicher nicht jeden Morgen haben...
Das stimmt. Das ist schon eine Herausforderung. Das mache ich wirklich nur für den Rennsteiglauf.
Sie hatten im Ziel satte 23 Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierte. Zu welchem Zeitpunkt waren Sie sich sicher, dass es mehr wird als der vorher als Ziel ausgegebene Podestplatz?
Am Inselsberg hatte ich neun Minuten Vorsprung, an der Ebertswiese, etwa bei Halbzeit, waren es 13. Da wusste ich, wenn ich nicht einbreche, gewinne ich. Aber passieren kann immer was, ganz sicher kann man sich erst im Ziel sein.
Ist Ihnen ein solcher Einbruch schon mal widerfahren?
Zum Glück noch nicht, die Trainingsund Renngestaltung hat immer gut gepasst.
Haben Sie sich auch, um das zu verhindern, die Zwischenzeiten Ihres Supermarathon-Sieges 2015 mit Kuli auf den Unterarm geschrieben?
Es hat geholfen. Bei so einer bergigen Strecke kann man keinen Kilometerschnitt bestimmen, bergauf ist man halt deutlich langsamer, bergab deutlich schneller. Da braucht man eine Orientierung, um zu sehen, dass die Marschroute passt.
Sie passte haargenau, am Ende waren Sie nur rund eine Minute langsamer als vor acht Jahren.
Da die Strecke damals etwa einen Kilometer kürzer war als diesmal, war ich eigentlich sogar schneller.
Mit 40 Jahren und zwei Kindern also wie ein Wein: je reifer, desto besser?
Na ja, das Training war gut, ich war nicht erkältet, die Kinder nicht krank, ich konnte meine Einheiten gut durchziehen. Wenn man Kinder hat, trainiert man nicht mehr ganz so viel. Trotzdem bin ich mit den Kindern ständig in Bewegung, wenn ich gerade mal nicht trainiere. Das trägt zur guten Kondition bei.
Dass Sie sich nach eigener Aussage gern quälen, hilft sicher auch gegenüber den jüngeren Konkurrentinnen.
Ich denke, die wollen sich genauso quälen. Wenn man was erreichen kann, beißt man auf die Zähne.
Also gibt es aus Ihrer Sicht auch nach Corona noch genügend Jüngere, die den Weg zum Laufsport finden und Ihnen Konkurrenz machen?
Ja, der Laufsport ist sehr beliebt, in Erfurt treffe ich jeden Tag viele Läufer. Auch die Teilnehmerzahlen bei Volksläufen steigen wieder. Corona ist allmählich überwunden.