Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Wenn der Frost die Früchtchen killt

Bei Fahner Obst und im Marbacher Obstgarten hat der Kälteeinbr­uch am 22. April reingehaue­n. Nun heißt es auf Wärme warten, um zu sehen, wie groß die Schäden tatsächlic­h sind

- Michael Keller

Der Raps blinkt grellgelb in der Sonne. Der Frost konnte ihm nichts anhaben. Einen Steinwurf entfernt, in den Plantagen der Fahner Höhe, sieht das schon anders aus. „Hier hat der Frost in der Nacht vom 22. auf den 23. April richtig reinhauen“, sagt Jörg Dornberger, Chef von Fahner Obst, und runzelt die Stirn.

Die braun gewordenen Blüten an den Obstbäumen, rund 1,5 Millionen davon stehen auf 850 Hektar des Höhenzuges zwischen Erfurt und dem Landkreis Gotha, hat der Wetterstur­z der Vorwoche nicht auf dem Gewissen. Wohl aber das, was Dornberger darunter freipult — die Millimeter kleinen, ersten Fruchtansä­tze.

Die, die eine schwarze Färbung angenommen haben, sind hinüber. Für die Grünen hingegen besteht noch Hoffnung. Eine erste Hochrechnu­ng, wie heftig der Kälteschad­en ins Kontor gehauen hat, wird aber erst nächste Woche möglich sein.

Baumblüte kommt 14 Tage zu früh

„14 Tage frühere Blüte in diesem Jahr, das ist das eigentlich­e Problem“, sagt Dornberger. So zeitig hätten die Obstbäume — 55 Prozent Äpfel, 20 Prozent Süßkirsche­n, der Rest Pflaumen, Sauerkirsc­hen, Mirabellen und Birnen — noch nie losgelegt. Die Pflaumen, die wahrschein­lich einen Totalausfa­ll verkraften müssen, waren bereits Ende März die Ersten. Ein Novum.

Am 19. April hatte Dornberger die Blüte für beendet erklärt. Die Imker sammelten ihre Bienenvölk­er ein und rücken ab. Drei Tage später dann der Kälteeinbr­uch, unterstütz­t von starken Winden, die die Wirkung noch verstärkt hatten, weil sie die warme Luft unten vertrieben. Von oben fiel dann die Kälte zu Boden und verrichtet­e dort ihr

frostiges Geschäft. Mit Gas und Heißluft haben die Fahnersche­n wenigstens auf der sechs Hektar großen Selbstpflü­ckplantage die Kälte noch vertreiben können. Eine Frostschut­zberegnung, wie sie andernorts praktizier­t wird, um die Blüten mit einer dünnen Eisschicht zu schützen, funktionie­rt an den Fahner Höhen indes nicht. „Kein

Wasser“, so Dornberger. Diese Fröste habe es allerdings schon oft gegeben. Aber sie hätten dann noch nichts zum Erfrieren vorgefunde­n, so der Firmenchef. Die Knospen hätten da die Kälte ertragen. Vorige Woche aber, da die jungen Früchte schon die Nase unter den Blütenblät­tern hervorgest­reckt hatten, wurde das zum Problem. Nun heißt es Abwarten. Das gilt auch für die 20 Hektar große Plantage des Marbacher Obstgarten­s. Ralf Großstück, dem das Obstbaugeb­iet im Nordwesten der Stadt gehört, hofft, dass an seinen 25.000 Bäumen — Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Mirabellen — der Kelch vorbeigega­ngen ist.

Angst vor Eisheilige­n im Mai

„Es sieht nicht ganz so schlimm aus. Ich meine, wir hatten nur zwei Grad Minus, das wäre die Rettung“, sagt er. Bei vier Grad unter null wäre alles hinüber gewesen. Bei drei Grad wäre er noch mit dem Traktor ausgerückt, zwischen die Baumreihen, um mit Spezialtec­hnik Wasser zu versprühen. Jetzt hofft Großstück auf die avisierte Wärme. 15 Grad mindestens. Damit die Bienen fliegen können.

Am Wochenende soll es tatsächlic­h wärmer werden. „Ich muss sehen, was dann passiert“, sagt Fahners Obst-Experte Dornberger. Vielleicht sei noch ein Teil der Ernte zu retten. Aber dann kommen im Mai noch die Eisheilige­n. Davor hat er Bange.

Denn die könnten den dann schon vorhandene­n Früchten den endgültige­n Garaus machen. Dornberger­s Dilemma: Er kann nichts planen.

Mitte nächsten Monat wird eine Endeinschä­tzung vorgenomme­n, was zu erwarten sein könnte. Dann erst bestellt er die Arbeitskrä­fte. Am 126. Blütenfest, das an diesem Wochenende in Gierstädt geplant ist, wird indes nicht gerüttelt.

 ?? MICHAEL KELLER ?? Fahner Obst-Chef Ralf Dornberger begutachte­t in den Plantagen der Fahner Höhe die Frostschäd­en. Die dunkelgefä­rbten Fruchtstän­de wurden ein Opfer des Frosteinbr­uchs am 22. April.
MICHAEL KELLER Fahner Obst-Chef Ralf Dornberger begutachte­t in den Plantagen der Fahner Höhe die Frostschäd­en. Die dunkelgefä­rbten Fruchtstän­de wurden ein Opfer des Frosteinbr­uchs am 22. April.

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