Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Wenn der Frost die Früchtchen killt
Bei Fahner Obst und im Marbacher Obstgarten hat der Kälteeinbruch am 22. April reingehauen. Nun heißt es auf Wärme warten, um zu sehen, wie groß die Schäden tatsächlich sind
Der Raps blinkt grellgelb in der Sonne. Der Frost konnte ihm nichts anhaben. Einen Steinwurf entfernt, in den Plantagen der Fahner Höhe, sieht das schon anders aus. „Hier hat der Frost in der Nacht vom 22. auf den 23. April richtig reinhauen“, sagt Jörg Dornberger, Chef von Fahner Obst, und runzelt die Stirn.
Die braun gewordenen Blüten an den Obstbäumen, rund 1,5 Millionen davon stehen auf 850 Hektar des Höhenzuges zwischen Erfurt und dem Landkreis Gotha, hat der Wettersturz der Vorwoche nicht auf dem Gewissen. Wohl aber das, was Dornberger darunter freipult — die Millimeter kleinen, ersten Fruchtansätze.
Die, die eine schwarze Färbung angenommen haben, sind hinüber. Für die Grünen hingegen besteht noch Hoffnung. Eine erste Hochrechnung, wie heftig der Kälteschaden ins Kontor gehauen hat, wird aber erst nächste Woche möglich sein.
Baumblüte kommt 14 Tage zu früh
„14 Tage frühere Blüte in diesem Jahr, das ist das eigentliche Problem“, sagt Dornberger. So zeitig hätten die Obstbäume — 55 Prozent Äpfel, 20 Prozent Süßkirschen, der Rest Pflaumen, Sauerkirschen, Mirabellen und Birnen — noch nie losgelegt. Die Pflaumen, die wahrscheinlich einen Totalausfall verkraften müssen, waren bereits Ende März die Ersten. Ein Novum.
Am 19. April hatte Dornberger die Blüte für beendet erklärt. Die Imker sammelten ihre Bienenvölker ein und rücken ab. Drei Tage später dann der Kälteeinbruch, unterstützt von starken Winden, die die Wirkung noch verstärkt hatten, weil sie die warme Luft unten vertrieben. Von oben fiel dann die Kälte zu Boden und verrichtete dort ihr
frostiges Geschäft. Mit Gas und Heißluft haben die Fahnerschen wenigstens auf der sechs Hektar großen Selbstpflückplantage die Kälte noch vertreiben können. Eine Frostschutzberegnung, wie sie andernorts praktiziert wird, um die Blüten mit einer dünnen Eisschicht zu schützen, funktioniert an den Fahner Höhen indes nicht. „Kein
Wasser“, so Dornberger. Diese Fröste habe es allerdings schon oft gegeben. Aber sie hätten dann noch nichts zum Erfrieren vorgefunden, so der Firmenchef. Die Knospen hätten da die Kälte ertragen. Vorige Woche aber, da die jungen Früchte schon die Nase unter den Blütenblättern hervorgestreckt hatten, wurde das zum Problem. Nun heißt es Abwarten. Das gilt auch für die 20 Hektar große Plantage des Marbacher Obstgartens. Ralf Großstück, dem das Obstbaugebiet im Nordwesten der Stadt gehört, hofft, dass an seinen 25.000 Bäumen — Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Mirabellen — der Kelch vorbeigegangen ist.
Angst vor Eisheiligen im Mai
„Es sieht nicht ganz so schlimm aus. Ich meine, wir hatten nur zwei Grad Minus, das wäre die Rettung“, sagt er. Bei vier Grad unter null wäre alles hinüber gewesen. Bei drei Grad wäre er noch mit dem Traktor ausgerückt, zwischen die Baumreihen, um mit Spezialtechnik Wasser zu versprühen. Jetzt hofft Großstück auf die avisierte Wärme. 15 Grad mindestens. Damit die Bienen fliegen können.
Am Wochenende soll es tatsächlich wärmer werden. „Ich muss sehen, was dann passiert“, sagt Fahners Obst-Experte Dornberger. Vielleicht sei noch ein Teil der Ernte zu retten. Aber dann kommen im Mai noch die Eisheiligen. Davor hat er Bange.
Denn die könnten den dann schon vorhandenen Früchten den endgültigen Garaus machen. Dornbergers Dilemma: Er kann nichts planen.
Mitte nächsten Monat wird eine Endeinschätzung vorgenommen, was zu erwarten sein könnte. Dann erst bestellt er die Arbeitskräfte. Am 126. Blütenfest, das an diesem Wochenende in Gierstädt geplant ist, wird indes nicht gerüttelt.