Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Merz und die Mitte
Julia Emmrich über den CDU-Chef, der sich nur selbst stoppen kann
Friedrich Merz polarisiert. Nicht mehr so stark wie früher, aber fragen Sie mal in einem gut besetzen ICE die Leute, was sie über den CDU-Chef denken. Es ist leicht, sich über Merz aufzuregen. Weil er sich selbst so gerne aufregt. Er sagt dann provokante Sachen über kleine Paschas oder Flüchtlinge, die uns angeblich die Zahnarzttermine wegnehmen. Und das alles tut ihm hinterher nicht mal leid. Doch je näher die nächste Bundestagswahl rückt, desto seltener werden diese Merz-Momente. Der Mann hat sich offenbar erstens besser im Griff und zweitens einen Plan.
Dieser Plan heißt im Kern: Friedrich Merz will Kanzler werden. Wahlen aber gewinnt eine Volkspartei in Deutschland nicht mit steilen Sprüchen, sondern mit einem Kandidaten, dem die Leute zutrauen, dass er sich selbst, seine Partei und das Land halbwegs im Griff hat.
Wenn man in diesen Zeiten in der Partei herumfragt, was Merz auf seinem Weg zur Kanzlerkandidatur noch stoppen könnte, hört man immer dieselbe Antwort: Vieles ist denkbar, aber nichts davon wahrscheinlich. Mit anderen Worten: Wenn Friedrich Merz Kanzlerkandidat werden will, dann wird er es auch. Allen, die jetzt vor Wut über die Merz-Prognose aus dem fahrenden ICE springen wollen, hilft vielleicht dieser Gedanke: Wenn Merz mit seiner staatsmännischen Wandlung im selben Tempo weitermacht wie bisher, dann landet er am Ende dort, wo er früher nie hinwollte: auf dem Platz in der Mitte, wo vormals Merkel saß.