Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Wer tritt in Brychcys Fußstapfen? Waltershausen sucht neuen Chef
Von Teamgeist bis ÖPNV: Waltershausens Bürgermeisterkandidaten präsentieren ihre Pläne im Podiumsgespräch
Waltershausen. Der Nachfolger von Bürgermeister Michael Brychcy (CDU), der nach fast 35 Jahren in Waltershausen aus dem Amt scheidet, tritt in große Fußstapfen. Das stellt Jutta Pommerening am Dienstagabend am Ende der Podiumsdiskussion von Oscar am Freitag und TA/TLZ Gotha zur Bürgermeisterwahl fest.
Im Rathaussaal haben sich die Bürgermeisterkandidaten Sven Wiesenthal (CDU), Leon Graupner (parteilos), Steffen Fuchs (Einzelkandidat, nicht für Bündnis 90 / Die Grünen, wo er nach wie vor Mitglied ist), Marco Wölk (SPD) und Bastian Möller (AfD) den Fragen der Zuschauer und Moderatoren Maik Schulz (Oscar am Freitag) und Tobias Leiser (Redakteur unserer Zeitung) gestellt, ob sie in „Brychcys Schuhe“passen könnten. Hier einige Antworten.
Was würden Sie anders/als Erstes als Bürgermeister machen? Graupner:
Ich würde vielleicht Dinge anders betrachten, mehr mit den Leuten reden, auf sie zugehen.
Fuchs: Ich würde mit der Teamleitung des Rathauses jeden Morgen eine viertel Stunde besprechen, welche Aufgaben anstehen, was aufzubereiten ist. Damit die Abteilungen im Rathaus immer auf dem Stand sind.
Wiesenthal: Ich würde einen Wandertag einmal im Jahr machen, ähnlich wie bei der Polizei, damit man als Team zusammenwächst.
Möller: Ich würde als Erstes sehen, wie weit die Planung des Bürgerhauses in Langenhain vorangeschritten ist.
Wölk: Ich würde zuerst zu jedem Mitarbeiter der Verwaltung an den Arbeitsplatz kommen und schauen, wie groß das Arbeitsvolumen ist. Meine erste Amtshandlung wäre: Mehr Grün auf den Markt zu bringen – in Form von Kübeln.
Was ist für Sie Waltershausens entscheidender Faktor? Graupner:
Unser Standort und sehr engagierte Bürger. Wir können stolz sein, dass wir Träger unserer eigenen Schulen sind. Das können sich viele Städte nicht leisten.
Möller: Wir haben das Riesenglück, dass wir zentral in Deutschland liegen.
Fuchs:
Wir sind die zweitgrößte Stadt des Landkreises, leben am Thüringer Wald, in einer wunderschönen geschichtsreichen Region. Wir sind ein renommierter Gewerbeund Industriestandort. Wir haben zum Beispiel ein eigenes Schloss. Diesen Luxus können wir uns nur erlauben, weil wir stabile Steuereinnahmen haben. Es ist wichtig, dass wir das erhalten.
Wiesenthal: Für mich ist enorm wichtig, dass wir den Industriestandort Waltershausen nicht nur sichern, sondern erweitern.
Wölk: Das Industriegebiet 5 wird sich nicht von allein füllen. Wir müssen uns auf den Weg machen, das füllen zu können. Da gibt es noch ein paar Punkte. Im Emsetal ist der Tourismus von uns sträflich vernachlässigt worden. Wir müssen die Chance geben, in Größenordnung zu vermieten. Das wäre dann eine schmale Einnahmequelle, um die Bergbühne oder das Schwimmbad zu unterstützen. Das Grüne Herz muss hier deutlich ausgebaut werden. Dies müssen wir verknüpfen mit der Puppenstadt, Wanderwegen,
August Trinius, Thüringer Wald.
Wo muss gespart werden? Wölk:
Wir sollten unser Geld mit Bedacht ausgeben. Wir müssen schauen: Wo können wir mit unseren Bürgern etwas selbst machen. Was in den Dörfern gang und gäbe ist, das sollte auch in der Stadt möglich sein.
Fuchs:
Ich kann nur das ausgeben, was ich an Einnahmen habe. Beim Sparen müssen wir aufpassen, dass die Investitionen, die wir jetzt tätigen, auch in Folge-Investitionen finanziert bekommen.
Möller: Viel Potenzial zum Sparen ist in Waltershausen nicht vorhanden. Ich würde gerne den Schwarzen Peter weiter nach Berlin schieben.
Wiesenthal: Der kommende Bürgermeister tut sehr gut daran, zu schauen, was sind seine Pflichtaufgaben, was sind seine freiwilligen Aufgaben. Dass er sich nicht zu sehr in freiwillige Aufgaben, Luxusgüter verstrickt. Dann könnte es sehr schnell sehr schlecht um den Haushalt aussehen. In letzter Zeit wurden sehr viele Luftschlösser gebaut.
Welche? Wiesenthal:
Die Sanierung der Bergbühne, die Sanierung des Freibades Winterstein.
Wie lässt sich mehr Sicherheit in Waltershausen erreichen? Wiesenthal:
Waltershausen braucht definitiv zwei Kontaktbereichsbeamte. Das sieht der Verteilungsschlüssel vor. Wir müssten eine Station einrichten bei der Autobahnpolizei, einen Streifenwagen, der 24 Stunden Streife fährt.
Wölk: Wir brauchen hier mindestens zwei Kobbs. Als Bürgermeister werde ich da dranbleiben.
Fuchs: Kommune und Land arbeiten da zusammen. Seit dem tätlichen Angriff im Februar in Schnepfenthal, bestreift die Polizei in unregelmäßigen Abständen Schnepfenthal. Zu sagen, eine zweite KobbStelle und dann ist alles perfekt, ist zu kurz gegriffen.
Wie lässt sich der ÖPNV verbessern? Fuchs:
Wir müssen sehen, dass der Bus stündlich von Schmerbach nach Waltershausen fährt. Einen Ringschluss der Waldbahn über das Gewerbegebiet Nord, Langenhain bis nach Bad Tabarz halte ich als
Idee für sehr gut. Sie ist in die Zukunft gerichtet. Wenn wir keine Vision haben, können wir es gleich sein lassen. Man muss auch über Kosten reden.
Graupner:
Wir haben einen schönen ÖPNV, mit Buswendeschleife neben Aldi. Warum bringt man nicht darüber eine Anbindung an das Industriegebiet 5 und schaut, wie Bus und Waldbahn zusammengebracht werden können?
Wölk: Ein gutes Beispiel: Zum Gothardusfest wurde die Taktzeit der Waldbahn nach hinten verschoben. So stelle ich mir das vor, auch bei den Busverbindungen. Zur größeren Verknüpfung der Gemeinden muss der ÖPNV flexibler werden.
Möller: Das sind super Ideen. In Langenhain fahren noch nicht mal stündlich Busse, am Tag fünf, sechs Busse.
Wie wollen Sie dem Ärztemangel begegnen? Wiesenthal:
Wir müssen für junge Familien attraktiver werden. Wir können keinen Arzt verpflichten, dass er sich hier niederlässt.
Graupner:
Ich kann als Bürgermeister versuchen, mich dafür einzusetzen, den Kontakt zu suchen.
Wölk: Waltershausen ist attraktiv. Wir müssen es dem Arzt attraktiv machen, sich hier niederzulassen. Wir könnten uns jetzt schon darum kümmern, das kleine Ärztehaus in Winterstein in Schuss zu bringen und eine attraktive Miete auszuhandeln.
Fuchs:
Es gibt kein Rezept, was man dafür anwenden kann. Nur: Klinken putzen, Klinken putzen, Klinken putzen.
Wie geht es mit dem Klaustor weiter? Graupner:
Voraussichtlich nächstes Jahr soll mit der Sanierung begonnen werden.
Fuchs: Die ersten drei Aufträge sind ausgelöst worden.
Wölk: Vielleicht ist es ein Stück weit zu schnell weggerissen worden. Zur Ehrlichkeit gehört auch dazu, dass ich auch die Hand gehoben habe. Im Nachgang lernt man dazu.