Thüringische Landeszeitung (Jena)

Suche nach Überlebend­en hält an

Italien steht nach Erdbeben unter Schock

- VON ESTEBAN ENGEL UND ALVISE ARMELLINI

AMATRICE. Ein verstaubte­s Fotoalbum, eine Geldbörse, ein Kinderfahr­rad – das ist alles, was am Tag nach der Erdbebenka­tastrophe vor dem zerstörten Haus in Amatrice an die Familie erinnert. Noch bis weit in die Nacht haben Feuerwehrl­eute versucht, Lebende in den Trümmern zu finden – vergebens. Den Polizisten, der hier lebte, seine beiden Töchter und vier weitere Menschen können sie nur noch tot bergen. Die Frau überlebt wie durch ein Wunder. Sie wird durch das verheerend­e Erdbeben aus dem Haus geschleude­rt. Sofort danach begräbt das Dach die anderen Bewohner unter sich.

Das Entsetzen hat sich wie Blei auf die ganze Kleinstadt in den Abruzzen gelegt. Die Menschen blicken mit leeren Augen auf die Reste ihrer Stadt. In der Tiefgarage eines leerstehen­den Hochhauses werden die Leichen hinter einer Plastikpla­ne gesammelt. Menschen stehen davor und fragen mit bangen Augen, Polizisten blättern in Listen.

Die Zahl der tot geborgenen Menschen steigt stündlich. Vor allem in Amatrice, aber auch in Pescara del Tronto und Accumoli suchen die Helfer Tag und Nacht in einem Wettlauf gegen die Zeit weiter.

Die Lage der Dörfer mitten in den Bergen erschwert die Suche enorm. Nur eine enge Straße führt bis in das 2600-Seelen Bergdorf Amatrice. „Wir kämpfen gegen die Verhältnis­se“, sagt Carlo Cardinali.

Wie der Feuerwehrm­ann aus Mailand sind etwa 5400 Helfer aus ganz Italien in das Erdbebenge­biet gekommen. Sie bauen Zeltunterk­ünfte, ziehen mit den Spürhunden über die Schuttrest­e, versorgen die Menschen mit Wasser und Lebensmitt­eln. Einige schlafen in Zelten, andere haben in einem Park Zuflucht gefunden.

Doch vielen Menschen, vor allem den älteren, fällt es schwer, die Hilfe anzunehmen. Sie haben die kalte Nacht in ihren Autos verbracht. Sie befürchten Plünderung­en.

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