Thüringische Landeszeitung (Jena)
Alte Gemäuer geben Rätsel auf
In Beichlingen im Landkreis Sömmerda wird am Wochenende und im September erstmals ein Schloss zu einem großen Rätselraum
BEICHLINGEN. Die Machtergreifung Hitlers liegt gerade wenige Wochen zurück, da versammeln sich wichtige Leute – sie wollen darüber diskutieren, wie die Zukunft Deutschlands unter der Herrschaft der Nazis möglicherweise aussehen könnte. Dass ihre Sicht von Angst vor Enteignung geprägt ist, zeigt das Ergebnis des konspirativen Treffens auf Schloss Beichlingen in Thüringen – genauer: im Landkreis Sömmerda. Die Adligen schrieben Testamente, versteckten sie auf der Burg an einem geheimen Ort. Alle Testamentsverfasser überlebten den ausbrechenden Zweiten Weltkrieg nicht.
„Es ist eine fiktive Geschichte“, sagt Jan Quilitzsch. Er und sein Team haben sie erdacht, um Schloss Beichlingen bei Kölleda zu einem Rätselschloss werden zu lassen. Morgen und am Sonntag sowie am zweiten Septemberwochenende haben Rätselfreunde die Gelegenheit, auf der altehrwürdigen Burg zu stöbern und gemeinsam teils knifflige Aufgaben zu lösen.
Quilitzsch hat die Rätselmanie gepackt, der er mit der Einrichtung von zwei Rätselräumen in Weimar vor einem Jahr Rechnung getragen hat. Mittlerweile sind es derer drei und zwei gibt es zudem in Erfurt. Außerdem eröffnet im September die erste Rätselbar des Freistaates – im ehemaligen Q7 in der Jakobistraße in der Goethe- und Schillerstadt. Eine aus Sicht von Jan Quilitzsch logische Konsequenz, nachdem die beiden ersten Rätselräume in Weimar gut angenommen wurden.
Doch zunächst rückt Schloss Beichlingen in den Fokus, das vor mehr als 1000 Jahren erstmals erwähnt wurde. „Ich nenne es gern das ungeschliffene Juwel“, sagt Jan Quilitzsch, der schon beim ersten Besuch auf der Burg begeistert gewesen ist. Oft wird der einstige Herrschaftssitz, der sich mittlerweile in privaten Händen befindet und vor allem vom örtlichen Förderverein gepflegt wird, für Hochzeiten gebucht. So auch an diesem Wochenende – die Rätselfreunde werden dennoch auf ihre Kosten kommen. Die Suche nach den Testamenten erfolgt in Teams, ganz ohne Hilfsmittel aus der digitalen Welt. Googeln, sagt Jan Quilitzsch, führe ohnehin nicht zum Ziel. Statt Smartphone dürften eher Hilfsmittel wie ein Zollstock helfen.
Die Rätselei entwickelt sich im Bundestrend rasant. Als der Thüringer vor einem Jahr mit seinem Team in Weimar gestartet ist, gab es in Berlin beispielsweise gerade einmal 16 Rätselräume. Mittlerweile sind es 150.
In Erfurt gibt es auch schon einen zweiten Anbieter von Rätselräumen. Aus Sicht von Quilitzsch ergänzt sich das zu seinem Konzept. Denn: „Wer ein Rätsel einmal erlebt hat, ist auf der Suche nach der nächsten Herausforderung.“So, sagt er, könnten verschiedene Anbieter auch voneinander profitieren.
Auf Beichlingen aber startet er nun mit seinem Team den Pilotversuch. Sollte das gelingen, zumindest sind der Samstag vollständig und der Sonntag fast ausgebucht, dann gibt es weitere Visionen für Beichlingen. Das, sagt Quilitzsch, könnte ein dauerhaftes Rätselschloss werden. Das wäre dann einmalig in der Bundesrepublik. • Die nächsten Termine für Rätselfreunde auf Schloss Beichlingen: Sonntag, 28. August, um 11.30 Uhr, Samstag, 10. September, um 16 Uhr und Sonntag, 11. September, um 16 Uhr und um 19 Uhr auf Schloss Beichlingen. Anmeldungen und weitere Informationen gibt es im Internet auf der Seite: www.escaperoomweimar.com