Thüringische Landeszeitung (Jena)
Die Bundesliga legt los: Auf diese Typen sind wir gespannt
Eine Auswahl von elf Männern, die in der heute beginnenden Saison besonders im Blickpunkt stehen
ESSEN. Als Torpfosten noch aus Holz waren und Seitenlinien mit Kreidewagen gezogen wurden, waren Fußballer noch originell. Auf der bunten Bühne Bundesliga bewegten sich in den Sechzigern und Siebzigern viele Originale. Die Spieler hießen Ente, Emma, Katsche, Buffy, Bulle oder Pille, und sie tricksten nicht nur nach Herzenslust, sondern plapperten auch drauflos.
Und heute? Sind die Klubs längst Konzerne, haben Konzepttrainer die Schleifer abgelöst, haben Fußballer auswendig gelernt, dass sie „der Mannschaft helfen“wollen. Hat die Liga also keine Typen mehr? Doch, sie hat. Es sind nur nicht mehr so viele, und sie geben sich nicht mehr so ungebremst ursprünglich wie einst Libuda und Lippens oder Emmerich und Ettmayer. Wir stellen sie vor:
1 Dirk Schuster, Trainer FC Augsburg
Sage niemand, Deutschlands Sportjournalisten feiern nur Stars ab, die großen Glanz versprühen. Dirk Schuster wurde zum Trainer des Jahres – weil er mit dem Aufsteiger Darmstadt die Klasse hielt. Weil er offenbar die Gabe besitzt, einem Wasserkran Schampus zu entziehen. Erfolge wecken Begehrlichkeiten – deshalb trainiert er nun Augsburg. In Darmstadt sah er das Optimum erreicht.
2 Mario Gomez, Spieler VfL Wolfsburg
Fußballer, so heißt es, seien heute oft nicht mehr ehrlich. Gomez aber verriet bei seiner Vorstellung in Wolfsburg, dass er andere Pläne hatte. Doch die interessanten Klubs wären mit TopStürmern gesegnet. Nun also der VfL. Schwieriges Terrain. Und deshalb genau richtig für den 31Jährigen, der sich von der WMAusbootung 2014 nicht entmutigen ließ und sich bei der EM eindrucksvoll zurückmeldete.
3 Christoph Kramer, Spieler Mönchengladbach
Kramer ist zurück. Wegen starker Konkurrenz im defensiven Mittelfeld durfte er bei der EM nur zusehen – ein WeltmeisterBonus wurde ihm nicht gewährt. Er reagierte nicht beleidigt, sondern bescheiden: „Es wäre schön, wenn ich noch mal ein Länderspiel mache.“Mut, Ehrgeiz, Spaß haben – funktioniert sein Vorhaben, wird Löw das merken.
4 Carlo Ancelotti, Trainer FC Bayern
Unter Star-Trainer Pep Guardiola hat der FC Bayern dreimal das Champions-League-Finale verfehlt. Nachfolger Ancelotti hat die Königsklasse bereits dreimal gewonnen – zweimal mit dem AC Mailand, einmal mit Real Madrid. Der 57-jährige Italiener nimmt die Herausforderung an: „Es ist normal bei Bayern, dass nur der erste Platz zählt.“Und das in allen Wettbewerben.
5 Max Kruse, Spieler Werder Bremen
Wenn ein Fußballer sehr viel Geld in einem Taxi liegen lässt und dann noch ein privates, anstößiges Video von ihm kursiert, fällt er schon sehr aus der Norm. Max Kruse kosteten seine Eskapaden die EM. Auch in Wolfsburg war der 28-Jährige nicht mehr gerne gesehen, in Bremen will er sich jetzt neu beweisen. Zuvor aber muss er sich noch einige Wochen gedulden: wegen einer Knie-Operation.
6 Ralf Rangnick, Manager RB Leipzig
Was wäre aus Schalke geworden, wenn sich Ralf Rangnick nicht 2011 wegen eines Burnouts zurückgezogen hätte? Auffällig ist: Wenn Rangnick Vertrauen genießt und mit viel Geld langfristige Strategien entwickeln darf, gelingt das. Wie jetzt bei Leipzig. Das umstrittenste und spannendste Projekt der Liga trägt seine Handschrift. Die Konkurrenz muss RB ernst nehmen: Weil Rangnick die Millionen nicht aus dem Fenster wirft, sondern klug investiert. Der Mann hat eben einen Plan.
7 Christian Streich, Trainer SC Freiburg
Da ist er wieder. Streich hat mit Freiburg die Bundesliga-Rückkehr geschafft. Als der Aufstieg geschafft war und Freiburger Spieler mit Gesängen die Pressekonferenz stürmten, schickte Streich sie weg. Aus Respekt vor dem Gegner, der noch im Abstiegskampf steckte. Streich gilt als Gefühlsmensch, auch als unberechenbar. Vor den Wahlen in Baden-Württemberg nutzte er seine Popularität auch für politische Einmischung. Es gehe darum, „gegen diese unsägliche fremdenfeindliche- und gästefeindliche Politik einiger Parteien Stimmen zu sammeln“. Man wusste, wer angesprochen war.
8 Franck Ribéry, Spieler FC Bayern
Die Bayern sind die Bayern: Wenn es draußen rumort, halten sie drinnen zusammen. Wie im Fall Ribéry. Zurzeit betonen die Münchener, dass er doch ein netter Kerl sei. Wiederholt wurde er für üble Tätlichkeiten nicht bestraft, zuletzt im Supercupspiel in Dortmund. So hat die Saison ihren ersten Aufreger, noch bevor sie beginnt.
9 Mario Götze, Spieler Dortmund
Es gibt dieses Foto aus dem Trainingslager des BVB, als Götze erstmals wieder auf BVB-Fans traf. Bereitwillig schrieb er Autogramme, aber sein Gesicht verriet Distanz, Vorsicht, Verunsicherung. Nur ein Schnappschuss? Oder Sinnbild für den schwierigen Neustart in der Heimat, in der ihm vor drei Jahren wegen des Wechsels nach München Verrat vorgeworfen wurde? Götze inszeniert sich gern als Marke. Doch all die PR nützt dem 24-Jährigen bei vielen skeptischen BVB-Fans nichts: Die muss er zurückgewinnen.
10 Sandro Wagner, Spieler Hoffenheim
Wagner galt als großes Mittelstürmer-Talent – bei Bayern. Die weiteren Stationen hießen dann Duisburg, Bremen, Kaiserslautern, Berlin. Und dann: Darmstadt. Mit dem Aufsteiger spielte er seine bisher beste Saison. Und prompt kaufte ihn Hoffenheim. Dass Wagner unbequem sein kann, stört dort nicht. Manager Roosen „gefällt, dass er sich nichts gefallen lässt“.
11 Christian Heidel, Manager Schalke 04
Heidel krempelt gerade Schalke um, und das in bemerkenswerter Stille. Er hat Markus Weinzierl als neuen Trainer geholt und Spieler, mit denen niemand rechnete. Der 53-Jährige hat Mainz in der Liga etabliert, kleine Trainer groß gemacht. Warum dann zu Schalke? Weil Windstille langweilig wird. Weil er beweisen will, dass Schalke mit ihm stabil bleibt, auch wenn mal wieder Tornados toben.