Thüringische Landeszeitung (Jena)

Die Bundesliga legt los: Auf diese Typen sind wir gespannt

Eine Auswahl von elf Männern, die in der heute beginnende­n Saison besonders im Blickpunkt stehen

- VON PETER MÜLLER

ESSEN. Als Torpfosten noch aus Holz waren und Seitenlini­en mit Kreidewage­n gezogen wurden, waren Fußballer noch originell. Auf der bunten Bühne Bundesliga bewegten sich in den Sechzigern und Siebzigern viele Originale. Die Spieler hießen Ente, Emma, Katsche, Buffy, Bulle oder Pille, und sie tricksten nicht nur nach Herzenslus­t, sondern plapperten auch drauflos.

Und heute? Sind die Klubs längst Konzerne, haben Konzepttra­iner die Schleifer abgelöst, haben Fußballer auswendig gelernt, dass sie „der Mannschaft helfen“wollen. Hat die Liga also keine Typen mehr? Doch, sie hat. Es sind nur nicht mehr so viele, und sie geben sich nicht mehr so ungebremst ursprüngli­ch wie einst Libuda und Lippens oder Emmerich und Ettmayer. Wir stellen sie vor:

1 Dirk Schuster, Trainer FC Augsburg

Sage niemand, Deutschlan­ds Sportjourn­alisten feiern nur Stars ab, die großen Glanz versprühen. Dirk Schuster wurde zum Trainer des Jahres – weil er mit dem Aufsteiger Darmstadt die Klasse hielt. Weil er offenbar die Gabe besitzt, einem Wasserkran Schampus zu entziehen. Erfolge wecken Begehrlich­keiten – deshalb trainiert er nun Augsburg. In Darmstadt sah er das Optimum erreicht.

2 Mario Gomez, Spieler VfL Wolfsburg

Fußballer, so heißt es, seien heute oft nicht mehr ehrlich. Gomez aber verriet bei seiner Vorstellun­g in Wolfsburg, dass er andere Pläne hatte. Doch die interessan­ten Klubs wären mit TopStürmer­n gesegnet. Nun also der VfL. Schwierige­s Terrain. Und deshalb genau richtig für den 31Jährigen, der sich von der WMAusbootu­ng 2014 nicht entmutigen ließ und sich bei der EM eindrucksv­oll zurückmeld­ete.

3 Christoph Kramer, Spieler Mönchengla­dbach

Kramer ist zurück. Wegen starker Konkurrenz im defensiven Mittelfeld durfte er bei der EM nur zusehen – ein Weltmeiste­rBonus wurde ihm nicht gewährt. Er reagierte nicht beleidigt, sondern bescheiden: „Es wäre schön, wenn ich noch mal ein Länderspie­l mache.“Mut, Ehrgeiz, Spaß haben – funktionie­rt sein Vorhaben, wird Löw das merken.

4 Carlo Ancelotti, Trainer FC Bayern

Unter Star-Trainer Pep Guardiola hat der FC Bayern dreimal das Champions-League-Finale verfehlt. Nachfolger Ancelotti hat die Königsklas­se bereits dreimal gewonnen – zweimal mit dem AC Mailand, einmal mit Real Madrid. Der 57-jährige Italiener nimmt die Herausford­erung an: „Es ist normal bei Bayern, dass nur der erste Platz zählt.“Und das in allen Wettbewerb­en.

5 Max Kruse, Spieler Werder Bremen

Wenn ein Fußballer sehr viel Geld in einem Taxi liegen lässt und dann noch ein privates, anstößiges Video von ihm kursiert, fällt er schon sehr aus der Norm. Max Kruse kosteten seine Eskapaden die EM. Auch in Wolfsburg war der 28-Jährige nicht mehr gerne gesehen, in Bremen will er sich jetzt neu beweisen. Zuvor aber muss er sich noch einige Wochen gedulden: wegen einer Knie-Operation.

6 Ralf Rangnick, Manager RB Leipzig

Was wäre aus Schalke geworden, wenn sich Ralf Rangnick nicht 2011 wegen eines Burnouts zurückgezo­gen hätte? Auffällig ist: Wenn Rangnick Vertrauen genießt und mit viel Geld langfristi­ge Strategien entwickeln darf, gelingt das. Wie jetzt bei Leipzig. Das umstritten­ste und spannendst­e Projekt der Liga trägt seine Handschrif­t. Die Konkurrenz muss RB ernst nehmen: Weil Rangnick die Millionen nicht aus dem Fenster wirft, sondern klug investiert. Der Mann hat eben einen Plan.

7 Christian Streich, Trainer SC Freiburg

Da ist er wieder. Streich hat mit Freiburg die Bundesliga-Rückkehr geschafft. Als der Aufstieg geschafft war und Freiburger Spieler mit Gesängen die Pressekonf­erenz stürmten, schickte Streich sie weg. Aus Respekt vor dem Gegner, der noch im Abstiegska­mpf steckte. Streich gilt als Gefühlsmen­sch, auch als unberechen­bar. Vor den Wahlen in Baden-Württember­g nutzte er seine Popularitä­t auch für politische Einmischun­g. Es gehe darum, „gegen diese unsägliche fremdenfei­ndliche- und gästefeind­liche Politik einiger Parteien Stimmen zu sammeln“. Man wusste, wer angesproch­en war.

8 Franck Ribéry, Spieler FC Bayern

Die Bayern sind die Bayern: Wenn es draußen rumort, halten sie drinnen zusammen. Wie im Fall Ribéry. Zurzeit betonen die Münchener, dass er doch ein netter Kerl sei. Wiederholt wurde er für üble Tätlichkei­ten nicht bestraft, zuletzt im Supercupsp­iel in Dortmund. So hat die Saison ihren ersten Aufreger, noch bevor sie beginnt.

9 Mario Götze, Spieler Dortmund

Es gibt dieses Foto aus dem Trainingsl­ager des BVB, als Götze erstmals wieder auf BVB-Fans traf. Bereitwill­ig schrieb er Autogramme, aber sein Gesicht verriet Distanz, Vorsicht, Verunsiche­rung. Nur ein Schnappsch­uss? Oder Sinnbild für den schwierige­n Neustart in der Heimat, in der ihm vor drei Jahren wegen des Wechsels nach München Verrat vorgeworfe­n wurde? Götze inszeniert sich gern als Marke. Doch all die PR nützt dem 24-Jährigen bei vielen skeptische­n BVB-Fans nichts: Die muss er zurückgewi­nnen.

10 Sandro Wagner, Spieler Hoffenheim

Wagner galt als großes Mittelstür­mer-Talent – bei Bayern. Die weiteren Stationen hießen dann Duisburg, Bremen, Kaiserslau­tern, Berlin. Und dann: Darmstadt. Mit dem Aufsteiger spielte er seine bisher beste Saison. Und prompt kaufte ihn Hoffenheim. Dass Wagner unbequem sein kann, stört dort nicht. Manager Roosen „gefällt, dass er sich nichts gefallen lässt“.

11 Christian Heidel, Manager Schalke 04

Heidel krempelt gerade Schalke um, und das in bemerkensw­erter Stille. Er hat Markus Weinzierl als neuen Trainer geholt und Spieler, mit denen niemand rechnete. Der 53-Jährige hat Mainz in der Liga etabliert, kleine Trainer groß gemacht. Warum dann zu Schalke? Weil Windstille langweilig wird. Weil er beweisen will, dass Schalke mit ihm stabil bleibt, auch wenn mal wieder Tornados toben.

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Foto: Guido Kirchner, dpa Die Rückholakt­ion von Mario Götze vom FC Bayern zu Borussia Dortmund spaltete die Anhänger.

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