Thüringische Landeszeitung (Jena)

Mensch zweiter Klasse?

Joachim Löffler (71) ausGerakäm­pftfü reinen erneuten unbefriste­ten Schwer behinderte­n ausweis für seine Tochter und fühlt sich nachdem Fall Lau in gerbe trogen

- VON FABIAN KLAUS

GERA. Christiane kann daheim nicht mehr wohnen. Ihre schwere Krankheit verhindert die zeitintens­ive Betreuung durch ihre Eltern. Beide sind an die 70. Über die Krankheit seiner Tochter detaillier­t zu sprechen? Jörg Löffler winkt ab. Er weiß, dass es seine Tochter schwer hat. Das haben er und seine Frau lange Jahre selbst erlebt, als sie sie noch in den heimischen vier Wänden in Gera gepflegt haben. Christiane braucht Betreuung. Rund um die Uhr. Alleine kann die Frau in den 40ern das Leben nicht meistern. Aber die Kräfte der Eltern werden, auch ob ihres Alters, weniger.

Deshalb entschließ­en sie sich schweren Herzens, dass Christiane künftig in einem Pflegeheim leben soll. Dort sind Schwestern da, wenn sie Hilfe braucht. Dort kann auch im Ernstfall sofort geholfen werden. In Leinefelde-Worbis lebt Christiane seither. Sie fühlt sich wohl im Eichsfeld. Auch die Eltern meinen: „Sie wird dort gut betreut.“

Eigentlich kann sich Jörg Löffler also trotz dieser für die Familie immer schwierige­n Lebensumst­ände nicht beklagen – eigentlich. Ein Problem quält ihn. 2007 bekommt Christiane einen unbefriste­ten Schwerbehi­ndertenaus­weis in Gera ausgestell­t. Aus Sicht von Jörg Löffler steht fest: Auch die Kreisverwa­ltung im Eichsfeld müsste das Dokument nun unbefriste­t ausstellen – aber das Gegenteil passiert. Und für den 71-Jährigen beginnt ein Kampf gegen Windmühlen.

Szenenwech­sel: Vor wenigen Wochen wird der Fall von Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) öffentlich. Dessen Sohn hatte eine Prüfungsbe­freiung erhalten. meine Tochter hat niemand ein Rechtsguta­chten erstellt. Vertrauens­schutz hat sie nicht genossen. Man zwingt uns seit zwei Jahren auf den Verwaltung­sweg.“Jörg Löffler sagt das mit einer gewissen Verbitteru­ng. Schließlic­h schreibt er seit mehr als zwei Jahren immer wieder an die unterschie­dlichsten Stellen

„Es ist kein Neuantrag auf Ausstellun­g eines Schwer behinderte­n ausweises. Allein die angewandte V er wal tungs vorschrift lässt keinen Tausch zu. Wir wollen deshalb jetzt endlich Rechtssich­erheit und eine Gerichts entscheidu­ng .” Joachim Löffler, Vater der schwer behinderte­n Christiane

Von höchster Stelle bekam Vater Lauinger Unterstütz­ung. Sowohl Bildungsmi­nisterin Birgit Klaubert (Linke) als auch Staatskanz­leichef Benjamin Hoff (Linke) verwenden sich für den Kabinettsk­ollegen. So wird im Hause Hoff ein Rechtsguta­chten erstellt, damit das Vorgehen am Ende juristisch wasserdich­t ist.

Zurück nach Gera: Was der Fall Lauinger mit dem Fall Löffler zu tun hat? Jörg Löffler hat genau auf diese Frage gewartet. Denn auf den ersten Blick finden sich keine Gemeinsamk­eiten. „Wir fühlen uns aber wie Menschen zweiter Klasse“, sagt der Geraer. Hintergrun­d: „Für Briefe – und hofft, dass endlich jemand ein Einsehen für sein Anliegen hat. Schließlic­h gehe es doch nur darum, ein bereits einmal bewilligte­s Dokument auf einen anderen Wohnort zu übertragen.

Vom Eichsfelde­r Versorgung­samt wendet er sich seinerzeit ab, auch von der damaligen Sozialmini­sterin bekommt Löffler keine positiven Signale. In der Staatskanz­lei, in der zu Jahresbegi­nn 2014 noch Ex-Ministerpr­äsidentin Christine Lieberknec­ht (CDU) residiert, keimt kurzzeitig Hoffnung auf, weil die Landtagswa­hl vor der Tür steht. Das Ergebnis ist bekannt: Lieberknec­ht ist nicht mehr Ministerpr­äsidentin, Thüringen wird seither von Linken, SPD und Grünen regiert. Für Jörg Löffler ein Grund, den nächsten Anlauf zu wagen und auf die Ausstellun­g eines unbefriste­ten Schwer behinderte­n ausweises zu hoffen. Aberwe derbe iG es und heits ministerin Heike Werner( Linke) noch inder Staatskanz­lei ist er erfolgreic­h.

Löfflers Liste mit Dokumenten ist lang. Darauf finden sich all die genannten prominente­n Namen. Dennoch: Jörg Löffler gibt beim Kampf um den unbefriste­ten Schwer behinderte­nausweis nicht auf .„ Ich will die Dinge geregelt haben“, sagt er. In den nächsten Monaten wird es vor dem Sozialgeri­cht in Nordhausen deshalb erneut zur Verhandlun­g kommen. Löffler strengt eine Gerichtsen­t scheidung darüber an, ob die Eichsfelde­r Verwaltung­spraxis korrekt ist oder nicht.

Zwischenze­itlich erzielt er im Eichsfeld aber auch einen Teilerfolg. Zunächst hatte man ihm, da erden befristete­n Schwer behinderte­n ausweis im Eichsfeld nicht akzeptiert­e, auch die Ausstellun­g der Wert marke verweigert, die seine Tochter zur Nutzung des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs benötigt. Die gebe es nur in Kombinatio­n mit dem Eichsfelde­r Dokument – so hieß es damals. Diesen Ausweis, weil befristet, wollen die Löfflers aber nicht akzeptiere­n. Mittlerwei­le bekommen sie nun doch jährlich zumindest die Wertmarke für ihre Tochter, was allerdings eine Kulanzents­cheidung durch das Versorgung­samt des Landkreise­s Eichsfeld ist, wie Löffler selbst betont. Seine Tochter sei nach wie vor auf die „Good Will“-Einstellun­g angewiesen – und die könne sich ja jederzeit ändern.

Warum er nicht einfach den befristete­n Ausweis akzeptiert? Davon sei ihm abgeraten worden, denn auch andere Betroffene hätten bereits Probleme gehabt, als sie das Dokument umschreibe­n lassen wollten. Um alle Zweifel nun endlich vom Tisch zu bekommen, haben die Löfflers vor etwas mehr als einem Jahr den Weg der Klage vor dem Sozialgeri­cht gewählt. „Wir wollen endlich Rechtssich­erheit“, sagt Jörg Löffler. Er wünschte sich, dass es für „ganz normale Menschen“, so wie er einer sei, prominente Unterstütz­ung aus der Politik gibt.

Mit dem Regierungs­wechsel hatte der Geraer genau darauf gehofft. Er ist enttäuscht worden. „Rot-Rot-Grün hat genau da weiter gemacht, wo die CDU aufgehört hat“, meint er. Resigniere­n wird er dennoch nicht. Aber auch von der Union bekommt Jörg Löffler keinerlei weitere Unterstütz­ung. Ein von ihm an die CDU-Fraktion im Landtag verfasstes Schreiben wurde zwar verständni­svoll beantworte­t, allerdings erneut mit dem Verweis darauf versehen, dass die Entscheidu­ng über die Ausstellun­g beim Landkreis liege. Jetzt hofft Löffler auf einen positiven Gerichtsbe­schluss.

 ?? Foto: Imago ?? Der Kampf um einen Schwerbehi­ndertenaus­weis beschäftig­t Familie Löffler aus Gera schon seit mehr als zwei Jahren.
Foto: Imago Der Kampf um einen Schwerbehi­ndertenaus­weis beschäftig­t Familie Löffler aus Gera schon seit mehr als zwei Jahren.

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