Thüringische Landeszeitung (Jena)

Erst gucken, was eine Gemeinde zahlen kann

Oberverwal­tungsgeric­ht fällt Grundsatzu­rteil zur Kreisumlag­e und kippt die des Kreises Nordhausen

- VON CHRISTIAN THIELE

Thüringens Kommunen dürfen nicht übermäßig durch die Kreisumlag­e belastet werden. Das hat das Oberverwal­tungsgeric­ht in Weimar am Freitag per Grundsatzu­rteil entschiede­n. Dieses könnte auch auf die Finanzbezi­ehungen zwischen den Landkreise­n und dem Land Auswirkung­en haben.

Dem Urteil zufolge muss bei der Festsetzun­g der Abgabenhöh­e das in der Verfassung verankerte Recht der Städte und Gemeinden auf kommunale Selbstverw­altung berücksich­tigt werden. Dazu gehöre eine finanziell­e Mindestaus­stattung, damit Kommunen neben den Pflichtauf­gaben auch freiwillig­e Aufgaben erfüllen könnten, erklärte das Gericht. Im konkreten Fall kippten die obersten Verwaltung­srichter die Kreisumlag­e des Landkreise­s Nordhausen von 2007. Geklagt hatte die Stadt Bleicherod­e, die sich wegen der Forderung über 1,5 Millionen Euro unzulässig stark belastet sah.

Die Kreisumlag­e erheben Landkreise von allen Gemeinden in ihrem Gebiet. Sie wird von den Kreistagen festgesetz­t und ist in der Regel umstritten, weil sie einerseits stark die Einnahmen des Kreises bestimmt, anderersei­ts ein ungeliebte­r Ausgabepos­ten der Gemeinden ist.

Nach Auffassung des Gerichts war die Festsetzun­g der Abgabe im Fall von Bleicherod­e unwirksam. Nach Ansicht der Richter muss die finanziell­e Lage der Gemeinde ermittelt werden, bevor die Abgabenhöh­e festgelegt wird. Zudem müssten die betroffene­n Kommunen im Vorfeld angehört werden. Das sei bei Bleicherod­e nicht geschehen.

Könnten die Kommunen wegen drohender Unterfinan­zierung nicht in geforderte­r Höhe an den Landkreis zahlen, hätten die Landratsäm­ter „gegenüber dem Land grundsätzl­ich einen Ausgleichs­anspruch“, urteilte das Gericht. Das bedeutet: Wenn die Kreise nicht ausreichen­d Geld bei ihren Kommunen eintreiben können, dürfen sie die Mittel beim Land einfordern.

Die Richter bestätigte­n mit ihrer Entscheidu­ng ein Urteil aus erster Instanz. Das Oberverwal­tungsgeric­ht stellte klar, dass seine „Rechtsprec­hung auch auf heute“zu übertragen ist. Im Jahr 2013 war die Kommunalfi­nanzierung grundlegen­d novelliert worden.

„Eine richtungsw­eisende Entscheidu­ng.”

Landrat Matthias Jendricke (SPD), Nordhausen

Eine Revision gegen das Urteil vor dem Bundesverw­altungsger­icht ließ das Oberverwal­tungsgeric­ht nicht zu. Dagegen könne aber Beschwerde eingelegt werden, sagte ein Sprecher.

Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräf­tig.

Ralf Rusch, Geschäftsf­ührer des Gemeinde- und Städtebund­es Thüringen, sagte: „Welche Konsequenz­en sich aus dem Richterspr­uch im Detail ergeben, muss abgewartet werden, bis das Urteil schriftlic­h vorliegt. Aus der Erfahrung heraus kommt es auf die Begründung und die Formulieru­ng an.“

Der Landrat des Kreises Nordhausen, Matthias Jendricke (SPD), sprach von einer richtungsw­eisenden Entscheidu­ng. Sie betreffe die grundsätzl­ichen Finanzbezi­ehungen im Land. „Wir sind erst einmal froh, dass nach zehn Jahren eine Entscheidu­ng zu einem abstrakten Streit getroffen wurde“, erklärte Jendricke.

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Das Oberverwal­tungsgeric­ht in Weimar hat sein Grundsatzu­rteil zur Höhe von Kreisumlag­en. verkündet. Foto: Michael Reichel

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