Thüringische Landeszeitung (Jena)
Dritter Anlauf für Bürgermeisterwahl in Hainichen
Zoff ums Ehrenamt: In Stiebritz und Hainichen geben die Bürger zum dritten Mal ihre Stimme zur BürgermeisterWahl ab
HAINICHEN. Eins können sich die Bürger der Gemeinde Hainichen nicht vorwerfen lassen: Wahlmüdigkeit. 82,2 Prozent nahmen beim ersten Wahlgang am 5. Juni teil. 82,2 Prozent auch beim zweiten am 19. Juni. Doch ein Bürgermeister ist für die Orte Hainichen und Stiebritz noch nicht gefunden. Der dritte Anlauf ist an diesem Sonntag. Die 163 wahlberechtigten Bürger werden jetzt allerdings einen leeren Stimmzettel vorfinden.
Im ersten Wahlgang hatte sich noch Jürgen Herfurth aufstellen lassen. Er war bereits von 2004 bis 2010 Bürgermeister in der Gemeinde und wollte die ehrenamtliche Aufgabe erneut übernehmen, vor allem um im Zuge der Gebietsreform „das beste für die Gemeinde herauszuholen“, wie er sagt.
Nun haben die Wähler aber auch die Wahl – und können weitere Kandidaten auf den Wahlzettel schreiben. Das taten sie: Marion Eckhardt wurde auf 42 Wahlzetteln notiert. Herfurth kreuzten 60 Bürger an.
Marion Eckhardt arbeitet im Landratsamt, sie ist im Stiewartser Traditionsverein aktiv und bekannt im Ort.
So einfach aber scheint es nicht zu sein, dass plötzlich viele ihren Namen auf den Wahlzettel schrieben. Offenbar wurde im Vorfeld der Wahl Stimmung für Eckardt gemacht – ausgehend von einzelnen Bürgern. Herfurth hat eine Person im Verdacht, die ihn noch aus seiner ersten Zeit als Bürgermeister auf dem Kieker hat. „Man kann es nicht allen Bürgern recht machen“, sagt er.
Herfurth wohnt in Hainichen, Eckhardt in Stiebritz. Die beiden Orte wurden „zwangseingemeindet“, wie Herfurth sagt. 1969 war das. So richtig will der eine Ort wohl nicht mit dem anderen. „Ich habe in meiner ersten Amtszeit versucht, die Wogen zu glätten“, sagt Herfurth. Gelungen sei ihm das aber nicht. Dass es in der Gemeinde rumort, zeigt auch eine anonyme Zuschrift, die an unsere Redaktion gesendet wurde. Darin macht sich ein „Stiebritzer Bürger“reichlich Luft, indem er behauptet, die Stiebritzer Gemeindevertretung boykottiere die Wahl Herfurths und wolle die Ihre, also Eckardt, auf den Bürgermeister-Stuhl befördern.
Marion Eckardt zeigt sich von den ganzen Ereignissen reichlich überrascht. „Ich war erschüttert, als ich die Stimmen gesehen habe“, sagt die Wahlhelferin. Sie habe nicht die Zeit, sich ehrenamtlich als Bürgermeisterin zu engagieren. Als sie bei der Stichwahl eine Woche später zwei Stimmen mehr als Herfurth erhielt, lehnte sie ab.
In der Nacht vor der Stichwahl wurde neuerlich versucht, Bürger zu beeinflussen. Einige fanden Zettel in ihren Briefkästen, auf denen von der Wahl Herfurths abgeraten wird und auch bereits darauf hingewiesen wurde, dass Marion Eckardt nicht Bürgermeisterin werden will. „Da treibt jemand ein böses Spiel mit Frau Eckardt“, sagt Jürgen Herfurth.
Er ist jetzt erst einmal bis Mitte nächster Woche verreist. Herfurth würde das Amt übernehmen, aber nur mit einer überwiegenden Stimmenmehrheit. Den Rückhalt von Marion Eckhardt hat er: „Es gibt nur Herrn Herfurth, niemand anderes kann es sonst machen“, sagt sie. Sie habe auch im Gemeinderat klar gemacht, dass es nichts bringe, einfach jemanden auf den Wahlzettel zu schreiben.
Wenn am Sonntag wieder kein Kandidat die Mehrheit erreicht, kommt es zum vierten Anlauf.
Wieder mit einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten, heißt es auf Nachfrage aus der Verwaltungsgemeinschaft Dornburg-Camburg. Die Kommunalaufsicht entscheidet, wie lange sich das Prozedere wiederholt.
Möglich ist auch, dass die Gemeinde – wenn sich kein Bürgermeister findet – einer anderen zugeordnet wird.
Jede Wahl kostet dem Gemeindehaushalt zudem Geld: der Wahlausschuss und die Vorstände erhalten eine Entschädigung, ein Sonderblatt muss gedruckt werden und auch die Kosten für die Wahlscheine trägt die Gemeinde.