Thüringische Landeszeitung (Jena)
Lieber Bayern im warmen Wohnzimmer
Die Bundesliga soll künftig auch sonntags, 13.30 Uhr spielen – was sagen die hiesigen Amateurklubs dazu?
JENA/LANDKREIS. Schon ab der neuen Fußball-Saison 2017/18 könnte es in der Bundesliga einen neuen Spieltermin geben: Sonntags, 13.30 Uhr. Dagegen wiederum wehren sich deutschlandweit einige Amateurklubs – da sie selbst Zuschauereinbußen befürchten. Wir haben uns bei den Verantwortlichen in der Region umgehört.
In den Amateurspielklassen unserer Region hält sich der Widerspruch aber in Grenzen. Das könnte daran liegen, dass Thüringen gar keinen Bundesligisten stellt, wie es Marco Barich vom SV Jena-Zwätzen aus der Landesklasse vermutet. „Wie ich gehört habe, verursachen die Sonntagsspiele vor allen Dingen im Ruhrpott ein Problem“, sagt er. Dort seien die meisten Erstligisten verortet, zudem sind auch die Amateurspielklassen viel breiter aufgestellt als hier. „Für uns hat diese Planung deshalb keinen Einfluss – zumal die interessantesten Fußballspiele in der Bundesliga am Samstag stattfinden“, sagt der Zwätzener Abteilungsleiter.
Am liebsten selbst am Samstag würde stets Steffen Richter spielen wollen. Der Trainer des FSV Grün-Weiß Stadtroda sieht dann auch das Problem der potentiellen Überschneidung mit dem neuen Sonntagstermin als nicht gegeben. „Hier kann ich mir nämlich schon vorstellen, dass dies dann Auswirkungen auf unsere Zuschauerzahlen hat“, sagt er.
Ähnlich sieht das Mike Weber, der Vorsitzende des SV Eintracht Eisenberg aus der Verbandsliga. „Die Spielplanung der Bundesliga hat auf jeden Fall einen Einfluss auf unsere Zuschauerzahl. Bei 200 Zuschauern schätze ich, dass etwa 30 bis 40 lieber die Bundesliga verfolgen“, sagt er. Sein Amtskollege des SV Elstertal Silbitz/Crossen, Albrecht Pitschel, sieht das ähnlich: „Ich finde es nicht gut, dass jetzt auch Spiele 13.30 Uhr stattfinden sollen. Das alte System mit den Spielen am Freitagabend, am Samstagnachmittag und am Sonntagabend hat sich meiner Meinung nach bewährt“.
Klartext redet Sebastian Marx, Finanzvorstand des BSC Jena 98: „Der Sonntag gehört der Familie oder dem Amateurfußball, gerade auf dem Dorf. Außerdem ist es für Auswärtsfans generell bescheiden, wenn ihre Vereine sonntags antreten. So wie es jetzt ist, ist die Grenze erreicht. Es darf keine spanischen Verhältnisse mit einem zerpflückten Spieltag mit Spielen im Zwei-Stunden-Rhythmus geben. Das macht auch die Konferenzen im TV und Radio kaputt“, sagt er.
Karsten Saul, der Chef des FC Keine Auswirkungen: Sagt Dr. Olaf Wünsch, Vorsitzender des KFA JenaSOK. Thüringen Jena, glaubt dagegen an die Treue der eigenen Fans – der Bundesliga zum Trotz. „Wahrscheinlich wird es sich bei den 13.30-Uhr-Spielen sowieso nur um Pausenfüller handeln. Und die Leute, die Bezahlfernsehen haben, kommen wahrscheinlich jetzt schon nicht zu den Spielen. Unsere Thüringenfans werden weiterhin kommen“, sagt er – womit auch Thomas Ganz vom SV Jenapharm d‘accord geht: „Deswegen kann ich ganz sicher sagen, dass die Spielplanänderung keinen Einfluss auf unsere Zuschauerzahl haben wird. Ich glaube auch nicht, dass es nun deswegen große Veränderungen im Kreisfußball geben wird“.
Im Saale-Orla-Kreis hat man sich dagegen schon einmal gewappnet – beim FSV Schleiz zum Beispiel: „Wir haben extra eine Sky-Sport-Bar eingerichtet, damit die Zuschauer des FSV Schleiz auch nach den Spielen noch am Sportplatz bleiben. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie auch schon vor den Spielen die Bundesliga im Vereinshaus gucken“, sagt FSV-Mann Marcus Limmer. So etwas wünscht sich Daniel Sander vom FV Rodatal Zöllnitz vielleicht auch, denn er sieht durchaus eine Gefährdung für die ganz Kleinen: „Wenn schlechtes Wetter ist und 13.30 Uhr der FC Bayern spielt, dann werden sicher einige lieber die Bayern im warmen Wohnzimmer gucken. Es ist schade“, sagt er. Für Dietmar Schott vom SV Moßbach gilt derweil das gleiche Argument wie von Zwätzens Marco Barich: „Ich glaube nicht, dass der Einfluss so stark ist. Da keine Bundesligavereine in der Region spielen, bleiben die Zuschauer hier.“
Und was sagt der Boss des hiesigen Verbandes? Dr. Olaf Wünsch glaubt ebenfalls nicht, dass sich der neue Erstliga-Spieltermin negativ auswirken wird. „Die Zuschauerzahlen werden deswegen nicht sinken“, sagt er. „Zumal die Bundesligaspiele sowieso nur bei Sky laufen und somit eh von den wenigsten live verfolgt werden“, fügt der KFAChef an.