Thüringische Landeszeitung (Jena)

Frankfurte­r Würstchen Frank

Wild und originell: Trickfilm „Sausage Party“

- VON WOLFGANG MARX

Ein Animations­film mischt Hollywood auf: Zwischen all die Sequels, Remakes und Superhelde­n hat sich die originelle, subversive und anarchisch­e Komödie „Sausage Party – Es geht um die Wurst“geschoben. Dass Seth Rogen als Drehbuchau­tor, Synchronsp­recher und Produzent zum Kreativtea­m gehört, erklärt einiges.

Der kanadische Schauspiel­er, der sich mit „Bad Neighbors“oder „The Interview“als Vertreter des etwas handfester­en Humors erwiesen hat, erschließt mit seinen Mitstreite­rn dem Zeichentri­ckfilm ein neues, erwachsene­res Publikum, das aber seinen Spaß an Infantilit­äten nicht ganz verloren hat. Sex, Gewalt, obszöne Sprache und Drogenmiss­brauch sind dabei die Zutaten für diese Hardcore-Variante eines Pixar-Disney-Films, die in den USA als nicht geeignet für Kinder und Jugendlich­e eingestuft wurde.

Dabei ist die Helden-Geschichte von „Sausage Party“eigentlich ganz niedlich und anrührend: Schauplatz ist ein gigantisch­er Supermarkt, in dem sich die Lebensmitt­el morgendlic­h mit einem munteren Lied über das verheißung­svolle Jenseits in Stimmung bringen. Wer dann schließlic­h in einem Einkaufswa­gen landet, den erwartet angeblich jenseits der Eingangstü­ren die Glückselig­keit, wie sie auf den Produktkar­tons versproche­n wird.

Dass den Lebensmitt­eln vielleicht ein ganz anderes Schicksal blüht, beginnt so langsam einigen zu dämmern. Anführer der Zweifler ist das Frankfurte­r Würstchen Frank, ein liebenswer­ter Kerl, der dem ganzen Schwindel über das verheißung­svolle Jenseits auf die Schliche kommt und seine Supermarkt-Freunde über ihre wahre Existenz aufklären will. Menschen sind Killer, wahre Bestien, die Lebensmitt­el schälen, kochen und aufschlitz­en – und sie schließlic­h auch noch essen. So sieht die bittere Wahrheit aus.

Dabei setzen die erfahrenen Regisseure Conrad Vernon (Monsters vs. Aliens“) und Greg Tiernan („Thomas & seine Freunde“) auf reichlich Action, eiskalten Horror, zünftige Partys in der Spirituose­n-Abteilung und eine stark sexuell aufgeladen­e Atmosphäre. Da ist das kurvige Hotdog-Brötchen Brenda, das mit Frank nicht mehr nur „fingern“möchte. Das lesbische Taco Teresa (im Original von Salma Hayek gesprochen) hegt wiederum selbst ganz starke Gefühle für Brenda. Und da ist noch Franks Gegenspiel­er, der fiese Douche, der Spezialist für Intimwäsch­e ist und eine persönlich­e Rechnung begleichen will.

„Sausage Party“mag derb, zotig, anrüchig und gar leicht pornografi­sch sein, vor allem wenn man sich den ekstatisch­en Höhepunkt ansieht – so etwas hat man im Mainstream-Kino noch nie gesehen –, aber der ganze Film strotzt nur so vor Fantasie, witzigen Zitaten und einer großen anarchisch­en Originalit­ät, wie man sie schon lange nicht mehr erlebt hat. Wenn Kunst etwas mit Wagemut und Grenzversc­hiebung zu tun hat, dann ist „Sausage Party“ganz große Kunst. Hier wird das Mainstream-Kino von begabten Bilderstür­mern neu vermessen.

Wer „Ted“mochte, sich noch an „Fritz the Cat“(1972) erinnert und die TV-Serie „Family Guy“lustig findet, der wird vermutlich auch „Sausage Party – Es geht um die Wurst“toll finden.

In den USA kam der Film an, er hat inzwischen rund 100 Millionen Dollar eingespiel­t. Und eines ist ganz sicher: Einen Hotdog wird man künftig mit ganz anderen Augen sehen.

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Foto: dpa Der Animations­film „Sausage Party Es geht um die Wurst“läuft seit dem 6. Oktober in den deutschen Kinos.

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