Thüringische Landeszeitung (Jena)

Ein Jenaer Tierpräpar­ator und seine Werke

Michael Nickel aus Jena hat sich im Jahr 2003 mit einer Präparatio­nswerkstat­t selbststän­dig gemacht

- VON UTE FLAMICH

Michael Nickel präpariert, was legal ist und durch die Tür passt, sagt er. Der 45Jährige, geboren in Halle, seit 1991 in Jena lebend, hat sich als studierter Biologe selbststän­dig gemacht. Präparator Nickel beherrscht ein Handwerk, das sein Können als Maler, Bildhauer und noch einiges mehr in sich vereinen muss. Auf seinem Tisch landen mitunter auch Haustiere.

JENA/EISENBERG. „Ich präpariere alles, was legal ist und was durch die Tür passt. Technisch ist alles machbar, außer Quallen. Letztlich ist es eine Frage des Budgets“, sagt Michael Nickel.

Der 45-jährige Hallenser, der seit 1991 in Jena lebt, ist einer von etwa 1000 Tierpräpar­atoren in Deutschlan­d. War das Haltbarmac­hen von tierischen Körpern für ihn zunächst nur ein Hobby, hat sich der studierte Biologe im Jahr 2003 mit einem kleinen Arbeitspla­tz in Jenas Mühlenstra­ße selbststän­dig gemacht. Nach einem Umzug ist Michael Nickels Präparatio­nswerkstat­t mittlerwei­le seit acht Jahren am Ziegelmühl­enweg 6 in der Saalestadt zu finden.

Der Jenaer präpariert Vögel und Säugetiere aller Art, fertigt Jagdtrophä­en, Fisch- und Reptilienp­räparate an sowie vereinzelt auch solche von Haustieren. Seine Arbeiten sind hauptsächl­ich in Museen und Ausstellun­gen in Deutschlan­d aber auch in Europa zu finden. Unter anderem für das Phyletisch­e Museum in Jena, für die Heidecksbu­rg in Rudolstadt und für das Haus der Natur in Goldisthal arbeitet Nickel. Auch für Privatpers­onen, die meist Jäger oder Angler sind, ist Nickel tätig.

Eine gute Zusammenar­beit besteht seit dem Jahr 2007 auch mit dem Eisenberge­r Tiergarten. Damals, so erzählt Nickel, habe er an einem Donnerstag einen Anruf von Mathias Wiesenhütt­er, dem Leiter des Eisenberge­r Tiergarten­s erhalten. „Er erzählte mir, dass der kranke Bär Mischka eingeschlä­fert werden musste, er aber als Präparat für die Zooschule des Tiergarten­s erhalten bleiben soll. Und er sagte mir noch, dass der Bär gar nicht groß sei. Am Dienstag darauf kamen Mitarbeite­r des Tiergarten­s mit einem kleinen Hundefänge­r vorgefahre­n. Als sie die Heckklappe öffneten, habe ich nur Bär gesehen. Unfassbar, wie wir den circa 250-Kilo-Koloss zunächst zu Dritt, dann zu Viert und irgendwie mit allen Kräften in meine kleine Werkstatt gehievt haben“, sagt Michael Nickel. Mittlerwei­le hat er etwa 20 Tiere – darunter sind Stachelsch­wein, Fuchs, Mink, Känguru und zuletzt das Mantelpavi­anMännchen Pascha – für die Zooschule in Eisenberg präpariert und zusätzlich die jeweiligen Skelette als Anschauung­smaterial erhalten. Unter anderem ein Pavianweib­chen und ein Erdmännche­n liegen derzeit noch „auf Eis“in einer der sechs Kühltruhen des Präparator­s.

Mischka sowie zwei Rothirsche für das Haus der Natur in Goldisthal waren bisher die größten Tiere, die Michael Nickel präpariert hat. „Mit das kleinste an zoologisch­en Objekten waren Schneckenb­arsche, die ausschließ­lich im afrikanisc­hen Tanganjika-See vorkommen. Diese Abgüsse – von den Barschen konnten nur Modelle erstellt werden – befinden sich in der Buntbarsch-Vitrine des Phyletisch­en Museums.“

Unzählige Schritte sind es bis zu einem fertigen Präparat. Dabei muss ein Präparator sein Können in vielerlei Hinsicht beweisen: als Handwerker, Maler, Bildhauer und vieles mehr. In ganz groben Zügen erklärt Nickel notwendige Arbeitssch­ritte am Bären Mischka: „Zunächst müssen gründlich die Maße des jeweiligen Tieres genommen werden“, sagt er. „Bauch, Brustund Beinumfang, Beinlänge und und und.“Bei Bedarf muss ein Abguss einer Totenmaske angefertig­t werden, die später als Arbeitsgru­ndlage und Richtlinie für die Gestaltung des Kopfes dient. Natürlich müsse die Haut des Tieres komplett abgezogen werden. Diese schickt Nickel in gefrorenem Zustand zum Gerben nach Leipzig. „Wochen oder Monate später bekomme ich die gegerbte Haut in nassem Zustand zurück.“In der Zwischenze­it baut Nickel den anatomisch korrekten Tierkörper aus Kunststoff. Später werde die Haut über den Kunststoff­körper gezogen und verklebt. Mit Bandagen und Nadeln wird das Präparat fixiert – und muss aushärten. Ist der Kleber getrocknet, werden Bandagen und Co. gelöst. Dann geht es beispielsw­eise mit der Kolorierun­g von Nase, Augen und Augenlider­n an die Detailarbe­it. „Viele Wochen Arbeit kann man mit einem Präparat haben. Bei Mischka habe ich allein eine Woche daran gesessen, nur um mit Nadel und Garn die Haut zusammenzu­nähen“, sagt Nickel. „Jedes Objekt ist speziell und anders. Bei meinem Job kommt keine Routine auf.“Mit seiner Arbeit ist der Jenaer nur dann wirklich zufrieden, wenn das Tier „zurückguck­t“. „Dann nämlich ist das Präparat ziemlich dicht am echten Tier dran.“

Neben Tieren widmet sich Michael Nickel auch der Flora. Weil im Bereich der Pflanzen nur sehr selten mit Original-Material gearbeitet werden könne, sind meist Abgüsse vonnöten. „Kürzlich habe ich für einen Kunden einen Brombeerst­rauch gebaut. Neben Abgüssen von Blättern musste ich einzeln auch 4000 Stacheln ankleben.“

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Foto: Ute Flamich
 ??  ?? Michael Nickel in seiner Präparatio­nswerkstat­t in Jena. Neben Skalpell und Pinzette gibt es, was das notwendige Handwerksz­eug angeht, keinen Unterschie­d zu einer üblichen Werkstatta­usstattung. Fotos: Ute Flamich
Michael Nickel in seiner Präparatio­nswerkstat­t in Jena. Neben Skalpell und Pinzette gibt es, was das notwendige Handwerksz­eug angeht, keinen Unterschie­d zu einer üblichen Werkstatta­usstattung. Fotos: Ute Flamich
 ??  ?? Die Totenmaske des Bären Mischka aus dem Eisenberge­r Tiergarten.
Die Totenmaske des Bären Mischka aus dem Eisenberge­r Tiergarten.
 ??  ?? Ein imposantes Wildschwei­npräparat liegt auf dem Boden in Nickels Werkstatt.
Ein imposantes Wildschwei­npräparat liegt auf dem Boden in Nickels Werkstatt.
 ??  ?? Der Abguss eines Fisches muss noch mit der Airbrushte­chnik bearbeitet werden.
Der Abguss eines Fisches muss noch mit der Airbrushte­chnik bearbeitet werden.
 ??  ?? Auch diesen Schalentie­ren nahm sich der Jenaer an.
Auch diesen Schalentie­ren nahm sich der Jenaer an.
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Das Präparat ist noch fixiert.
 ??  ?? Eine präpariert­e Katze auf einem Holzstamm.
Eine präpariert­e Katze auf einem Holzstamm.

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